Zur beantragten Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der EU-geführten Operation Atalanta zur Bekämpfung der Piraterie vor der Küste Somalias

Persönliche Erklärung gemäß § 31 GO-BT

Persönliche Erklärung von Monika Lazar zur namentlichen Abstimmung vom 12.5.2014, TOP 6:

Antrag der Bundesregierung (18/1282): Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der EU-geführten Operation Atalanta zur Bekämpfung der Piraterie vor der Küste Somalias


Den Antrag der Bundesregierung lehne ich ab.
Ich stimme wieder mit NEIN, wie bei den letzten sieben Abstimmungen zum ATALANTA-Einsatz der Bundeswehr.
Meine Gründe für dieses Nein sind dieselben wie in den vergangenen Jahren:

Ich halte den Einsatz der Bundeswehr im Golf von Aden und im ganzen indischen Ozean politisch für falsch und nicht notwendig zum Schutz der Schiffe des Welternährungsprogramms vor Piraterie. Vor allem war er von Anfang an NICHT das letzte mögliche Mittel, die Ultima Ratio, um die Schiffe zu schützen und Piraterie wirksam zu bekämpfen.

In der Begründung zum Mandat erklärt die Bundesregierung, dass die Erfolgsquote der Piraten im Jahr 2013 im Vergleich zu den vergangenen Jahren auf einem Tiefstand sei. Sie behauptet - wie im Vorjahr - dies sei Folge der ständigen Präsenz der Kriegsschiffe im Golf von Aden. Wie im Vorjahr legt sie für diese Behauptung keinerlei Beweise vor.

Es ist aber schlicht eine falsche Annahme.
Tatsächlich hat der Rückgang der Kaperungen andere Gründe. Es gibt geeignete  „zivile“  Maßnahmen, um das Risiko von Piraterieangriffen zu verringern: das Einhalten der sogenannten „Best Management Practices“ - das Fahren im Konvoi oder mit hoher Geschwindigkeit sowie die Absicherung von Reling und Außenbord, etwa durch Stacheldraht, und das Anbringen von Scheinwerfern.

Bereits 2012 hatten Abgeordnete meiner Fraktion die Bundesregierung dazu befragt und sie bestätigte uns schon damals, dass kein einziges Schiff von Piraten aufgebracht werden konnte, das sich an diese Regeln gehalten hat.
In der diesjährigen Mandatsbegründung nennt die Bundesregierung selbst   – wenn auch nur als eine von mehreren Maßnahmen -  dass „die Weiterentwicklung und konsequentere Anwendung der Handlungsmöglichkeit für Handelsschiffe zum Schutz vor und bei Angriffen (Best Management Practices)“ erfolgreich war.

Warum wir trotzdem Jahr um Jahr über einen Kriegseinsatz abstimmen müssen, für dessen Sinn und Notwendigkeit die Bundesregierung keine Belege vorlegt, verstehe ich nicht.
Insbesondere wenn eine der primären Gründe des Einsatzes - der Schutz der Schiffe des Welternährungsprogramms (WFD) -  auch anders erreicht werden kann.

In einem Gutachten des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik der Universität Hamburg, das im Jahr 2012 im Auftrag der Grünen im Europaparlament erstellt wurde, wird empfohlen, den Schutz der Transporte des Welternährungsprogramms (WFP) von Hilfsgütern und Nahrungsmitteln nach Somalia dadurch zu verbessern, dass das WFP mit besseren und schnelleren Schiffen ausgestattet wird.
Auch der Schutz von Handelsschiffen auf gefährlichen Routen durch zivile Sicherheitsdienste an Bord, die nicht schwer bewaffnet sein müssen, wird seit Jahren empfohlen. Nach Schätzungen sind inzwischen fast 80 Prozent der Schiffe in der gefährdeten Region mit zivilen Sicherheitsdiensten an Bord unterwegs.

Im vorletzten Jahr wurde das Mandat der Operation ATALANTA sogar erweitert: vom militärischen Kampfeinsatz vor der Küste Somalias auf einen Küstenstreifen an Land von zwei Kilometern Breite. Zwar beschränkt sich diese Erweiterung des Mandats auf Angriffe nur aus der Luft mittels Hubschraubern, lediglich auf die Logistik von Piraten. Nothilfeeinsätze an Land, um abgeschossene Hubschrauberbesatzungen zu retten, bleiben aber erlaubt. Die Erweiterung bedeutet daher ein zusätzliches Eskalationsrisiko.
Bisher gab es zwar nur einen solchen Einsatz an Land – um zu unverständlicher ist es, dass diese Option weiterhin im Mandat aufrechterhalten werden soll.

Zum achten Mal entscheidet sich der Bundestag nun schon für diesen Kriegseinsatz, der aber letztlich nur die Symptome von Piraterie bekämpft.
Deren Ursachen hingegen, die man politisch angehen kann, werden immer noch weitgehend ignoriert. Dazu gehört die Überfischung der Gewässer vor Somalia. Modern ausgestattete Fangflotten aus der EU, Japan oder Taiwan rauben den lokalen Fischern die Existenzgrundlage. Zusätzlich kommt es durch illegale (Gift-)Müllentsorgung vor der Küste Somalias zu massivem Fischsterben, Menschen erkranken. Auch europäische Firmen sind in die Müllverseuchung verwickelt. Und an Land herrschen noch immer Armut, Hunger, Gewalt und politische Unsicherheit.

Ich kann nur die bittere Einsicht wiederholen, die wir schon im letzten Jahr formuliert haben: wen wundert, dass da die Aussicht mit Schiffsentführungen harte Dollars zu verdienen, verlockend ist.

Kriegsschiffe und Militäreinsätze sind nicht das richtige Mittel und nicht nötig, um die Piraterie wirksam zu bekämpfen.
Der Einsatz der Bundesmarine ist umgehend zu beenden.