Zu den Antworten der Bundesregierung auf die Grüne Kleine Anfrage "Fragen zur polizeilichen Lagebilderstellung von Anschlägen gegen Flüchtlingsunterkünfte" erklärt Monika Lazar, sächsische Bundestagsabgeordnete und Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus:
Wer Unterkünfte anzündet, um Flüchtlinge zu verletzen oder zu vertreiben, ist ein Rassist. Das gilt auch für Finanzbeamte oder Feuerwehrmänner aus der sogenannten Mitte der Gesellschaft. Wenn die Sicherheitsbehörden rassistische Hintergründe ausblenden oder verharmlosen, schützen sie letztlich die Täter und gefährden potenzielle Opfer. Dem NSU hat diese Ignoranz eine jahrelange Mordserie ermöglicht.
Heute sind wieder Menschen in akuter Gefahr. Die Zahl der flüchtlingsfeindlichen Straftaten ist in diesem Jahr dramatisch gestiegen. Allein die Angriffe auf Asylunterkünfte belaufen sich bisher auf 817 - rund viermal so viele wie 2014. Darunter zählen auch Brandstiftungen und Körperverletzungen, bei denen mögliche Todesfälle billigend in Kauf genommen wurden. Darüber hinaus gibt es viele weitere Straftaten, die im Zusammenhang mit der Flüchtlingsdebatte und rassistischem Hass stehen. 2015 erfasste die Polizei hier bis Mitte November 3625 - größtenteils rechtsmotivierte - Delikte, gegenüber dem Vorjahr etwa eine Verdoppelung.
Die Entwicklung ist alarmierend. Dabei zeigen die Zahlen längst nicht das gesamte Ausmaß der rassistischen Gewalt. Zum einen werden viele politische Hintergründe von der ermittelnden Polizei noch immer nicht erkannt oder benannt. Zum anderen gehört zur Gewalt mehr als die tatsächliche Ausführung. Gewalt beginnt schon dort, wo zu Hass angestachelt und aufgehetzt wird: bei flüchtlingsfeindlichen Demonstrationen von AfD oder GIDAs, Internethetze oder auch da, wo auf Kosten der Flüchtlinge eine politische Rhetorik der Abschottung betrieben wird.
Wir brauchen ein solides Lagebild flüchtlingsfeindlicher Straftaten. Wer keine korrekten Daten über das Ausmaß rechter Gewalt hat, kann auch keine wirksamen Gegenstrategien entwickeln. Dazu muss die Polizei mit der Zivilgesellschaft, deren Zahlen regelmäßig höher sind, zusammenarbeiten und von ihr lernen.
Rassistische Hetze darf nirgends geduldet werden, weder in der Politik noch in der Gesellschaft. Gerade denen, die sich auf die "christlich-abendländische Kultur" berufen und eine "Islamisierung" fürchten, sollte es ein Anliegen sein, Zuflucht Suchenden Schutz, Mitgefühl und ein neues Zuhause zu geben.