In Ostritz ist wieder Ruhe eingekehrt

Pressebericht, mdr.de, 22.04.2018

Drei Tage stand Ostritz weit über die Region hinaus im öffentlichen Fokus: Grund war ein Festival von Neonazis aus mehreren europäischen Ländern in der Kleinstadt an der polnischen Grenze. Parallel gab es mehrere Gegenveranstaltungen: Ostritzer Bürger initiierten ein Friedensfest, die Initiative "Rechts rockt nicht!" bot einen musikalischen und inhaltlichen Gegenentwurf zum rechtem Rock und rechten Reden.

10:11 Uhr | Ruhige Nacht, die ersten sind schon abgereist
Die Polizei hat am Morgen einen ruhigen Verlauf der Nacht in Ostritz vermeldet. Die Veranstaltung "Rechts rockt nicht!" ging demnach noch vor Mitternacht zu Ende, die letzten Teilnehmer reisten ab. Das Friedensfest auf dem Marktplatz endete kurze Zeit später. Bei dem Neonazi-Festival rund um das Hotel "Neißeblick" ging es dagegen bis weit in die Nacht laut zu. Die Polizei war nach eigenen Angaben die gesamte Nacht vor Ort und berichtet, zeitweise seien Musik und grölende Stimmen über das Veranstaltungsgelände hinaus zu vernehmen gewesen. Nach dem regulären Veranstaltungsende gegen zwei Uhr hätten erste Teilnehmer das Gelände verlassen und offenbar bereits die Heimreise angetreten.

 

10:50 Uhr | Heimreise mit Hindernissen
Die Abreise aus Ostritz könnte für einige Besucher zu einer Geduldsprobe werden. Grund ist die Vollsperrung des Tunnels Königshainer Berge auf der A4 Görlitz-Dresden. Dort steht bis 15 Uhr die jährliche Tunnelwäsche an. Am Vormittag gab es deshalb auf der Autobahn und den Umleitungsstrecken bereits zeitweise Stau und stockenden Verkehr.

 

11:00 Uhr | Lichter für ein friedliches Miteinander
In der katholischen Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt in Ostritz fand am Vormittag ein ökumenischer Gottesdienst statt. Er war Bestandteil des Friedensfestes. Die schätzungsweise mehr als 100 Teilnehmer zogen anschließend mit Kerzen in der Hand zum Marktplatz. Dort beginnt zur Stunde ein Brunch für die Teilnehmer.

11:27 Uhr | Erleichterung bei den Ostritzern
Bei den Einwohnern von Ostritz ist das Aufatmen spürbar. Einige sagten unserem MDR-Reporter, sie seien erleichtert über das Ende aller Veranstaltungen und den insgesamt friedlichen Verlauf. Die Neonazi-Veranstaltung sei in Teilen der Stadt deutlich zu hören gewesen, vor allem abends und in der Nacht. Die Stimmung am Sonntag in der Kleinstadt beschrieben die befragten Ostritzer als locker und gelöst.


11:55 Uhr
| Teilnehmer von "Rechts rockt nicht!" zufrieden
Der Festplatz von "Rechts rockt nicht!" am Sonntag ist leer. Die Organisatoren haben bereits nach dem Veranstaltungsende in der Nacht sämtliche Zelte abgebrochen. Die Teilnehmer und Unterstützer zogen ein überwiegend positives Fazit und freuten sich über die insgesamt 1.500 Besucher hier und beim Friedensfest. Die Leipziger Grünen-Bundestagsabgeordnete Monika Lazar sagte: "Ich bin mit 'Leipzig nimmt Platz' gern nach Ostritz gefahren. Es ist wichtig, die Zivilgesellschaft im ländlichen Raum zu unterstützen." Und Anne Kämmerer von der Grünen Jugend Sachsen ergänzte: "Es ist notwendig, uns auch in Zukunft aus unserer Wohlfühlzone herauszubegeben, um aktive Menschen im ländlichen Raum zu unterstützen."


12:08 Uhr | Polizeieinsatz neigt sich auch dem Ende entgegen
Die ruhige Sonntagsstimmung in Ostritz ist auch bei der Polizei vor Ort zu spüren. So haben die Einsatzkräfte von polnischer und Bundespolizei am Bahnhof Ostritz wesentlich weniger zu tun als an den Vortagen. Und im Ort beweisen die Beamten ein Herz für Tiere. Insgesamt sind inzwischen auch deutlich weniger Einsatzkräfte noch vor Ort.


12:21 Uhr | Große Abreise auch bei "Schild & Schwert"
Das Gelände des Neonazi-Festivals am Hotel "Neißeblick" wirkt ebenfalls schon weitgehend verwaist. Wie die Organisatoren auf MDR-Anfrage bestätigten, hatte die Abreise schon früh am Morgen eingesetzt. Wieviele Teilnehmer noch vor Ort sind, wurde nicht mitgeteilt. Dass die Veranstaltung überhaupt stattgefunden hat, empört die Linken noch immer. Ihr sächsischer Landtagsfraktionschef Rico Gebhardt erklärte dazu: "Vor dem Hintergrund des eindeutig als kommerziell beworbenen Neonazifestivals halte ich es für hochproblematisch, dass es keinen Versuch des Landratsamtes gegeben hat, diesem den Versammlungscharakter abzuerkennen."


12:35 Uhr | "Vielfalt ist schön"
Der Markt von Ostritz, Veranstaltungsort des Friedensfestes, hat sich den Organisatoren zufolge am späten Vormittag in einen Platz für Essvergnügen verwandelt. Die Besucher waren zu einem abschließenden Brunch eingeladen - jeder wurde gebeten, etwas mitzubringen. Unter dem Motto "Vielfalt ist schön" geht das Friedensfest zu Ende.


12:51 Uhr
| Ostritz ist wieder eine normale Kleinstadt
Die meisten Teilnehmer der Veranstaltungen in Ostritz sind abgereist, in der Kleinstadt herrscht wieder die gewohnte Ruhe. Unklar bleibt, ob und wann dort wieder dort wieder eine Neonazi-Veranstaltung stattfinden wird. Die Gegner haben für diesen Fall bereits erneute Gegenwehr angekündigt. Die Amadeu-Antonio-Stiftung betont dabei: Die Stadt Ostritz trägt keine Schuld.



13:02 Uhr
| Polizei ist zufrieden und erhält Lob
Polizeisprecher Thomas Knaup hat bei MDR SACHSEN ein positives vorläufiges Fazit gezogen. Das Konzept des größten Einsatzes in der Region seit Jahren sei aufgegangen. Die Demonstrationsfreiheit und das Recht zur freien Meinungsäußerung wurden demnach gewährleistet, Eskalationen seien verhindert worden. Am Sonntagmorgen erhielten zwei Teilnehmer der Neonazi-Veranstaltungen noch Strafanzeigen. Sie tragen verbotene Symbole als Tätowierung. Sachsens CDU-Regierungschef und Schirmherr des Friedensfestes, Michael Kretschmer, und sein SPD-Stellvertreter Martin Dulig bescheinigten der Polizei eine gute Arbeit in Ostritz.


13:29 Uhr | Ostritzer setzten ein Zeichen
Die parteilose Ostritzer Bürgermeisterin Marion Prange hat sich erleichtert über den fast durchweg friedlichen Verlauf der Veranstaltungen gezeigt. Die Stadt habe ein sehr deutliches Zeichen dafür gesetzt, wofür sie stehe - für Weltoffenheit, Frieden und Toleranz. Friedensfest-Mitinitiator Michael Schlitt vom Internationalen Begegnungszentrum St. Marienthal sagte, das Fest habe die Botschaft vermitteln können, dass Ostritz und die gesamte Region nichts mit Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Hetze zu tun hätten.


13:37 Uhr | Ticker-Ende



[Quelle: www.mdr.de]