Kampagne »Meine Stimme gegen Nazis!« - Erklärung zum geplanten antirassistischen Fußballturnier am 22.08.2009 in Colditz

Information, 19.08.2009

Erklärung der Initiative „Meine Stimme gegen Nazis“, kooperierender Initiativen und Privatpersonen zum geplanten antirassistischen Fußballturnier am 22.08.2009 in Colditz

Zunächst waren in Colditz unabhängig voneinander zwei zivilgesellschaftliche Veranstaltungen geplant. Der Freiräume Muldental e.V. wollte am 22.08.2009 zusammen mit der Gruppe 468 und dem Club Courage e. V. ein antirassistisches Fußballturnier durchführen und die sachsenweite Kampagne „Meine Stimme gegen Nazis“ im Rahmen ihrer Informationstour am 28.08.2009 eine Kundgebung.

Beide Termine wurden von den jeweiligen Organisatoren zusammengelegt und sollten als eine gemeinsame Veranstaltung am 22. August auf dem Sportplatz des örtlichen Fußballvereins, der diesen von der Kommune gepachtet hat, stattfinden. Nachdem dem Sportverein die politische Dimension der geplanten Veranstaltung bewusst geworden war, nahm der Vorsitzende die zuvor erteilte Zustimmung zur Nutzung des Sportplatzes zurück. Er machte das Einverständnis des Vereins von der Zustimmung der Stadtverwaltung bzw. des Bürgermeisters abhängig, da er mutmaßlich Beschädigungen durch die örtliche Neonaziszene befürchtete.

Am 12. August fand ein Kooperationsgespräch zwischen den lokalen InitiatorInnen, dem Bürgermeister Manfred Heinz, dem Colditzer Ordnungsamt, der Polizei und dem Sportverein unter Vermittlung des Mobilen Beratungsteams des Kulturbüro Sachsen e.V. statt. Am Ende konnten die GesprächsteilnehmerInnen keine einvernehmliche Lösung finden. Das geplante antirassistische Fußballturnier wurde nach unannehmbaren Forderungen seitens der Stadt Colditz de facto untersagt. Der Vorsitzende des Colditzer Sportvereins wäre zur Durchführung der Veranstaltung bereit gewesen, wenn die Stadt Colditz die Veranstaltung unterstützt hätte. Dazu waren die politisch Verantwortlichen nicht bereit. Vielmehr wurde gefordert, dass die Veranstalter für jegliche Sachbeschädigung auf dem Sportplatz zwei Wochen vor und zwei Wochen nach dem 22. August 2009 haften sollten.

Ebenso wurde als Grund für die Nichtdurchführung des Turniers angeführt, dass die Stadt bzw. der Bürgermeister nicht frühzeitig in die Planung einbezogen wurden. Die ordnungspolitischen Befürchtungen, dass es zu Sachbeschädigungen seitens der Neonazis kommen könnte, sind nicht ganz von der Hand zu weisen und belegen einmal mehr die traurige Realität, mit der sich demokratische, zivilgesellschaftliche Initiativen besonders im ländlichen Raum auseinandersetzen müssen. Speziell Veranstaltungen, die sich explizit mit den Themen Diskriminierung und Neonazismus auseinandersetzen, laufen Gefahr, Opfer von Gewalt gegen Personen und Einrichtungen zu werden, die von der extremen Rechten, hier insbesondere den Freien Kräften, ausgeht. Das hat gerade auch das Beispiel Colditz in den Jahren 2007 und 2008 deutlich gemacht, wo Konzerte der alternativen Szene von Nazis angegriffen wurden.

Colditz zählt zu den Städten, in denen es in der Vergangenheit zu gewalttätigen Übergriffen durch Angehörige der gut vernetzten und überregional agierenden Neonaziszene gekommen ist. Dagegen sollte durch das geplante antirassistische Turnier unter der Schirmherrschaft von Prof. Dr. Wilhelm Heitmeyer ein deutliches Zeichen für mehr Toleranz und Demokratie gesetzt werden. Die aufgeführten Sicherheitsbedenken dürfen nicht dazu führen, dass derartige antirassistische Veranstaltungen nicht stattfinden dürfen. Eine solche Haltung gibt den Nazis recht und bestärkt ihre durch Gewalt und Missachtung der demokratischen und rechtlichen Normen errungene Stellung besonders im ländlichen Raum.

Wir bitten den Bürgermeister der Stadt Colditz, die getroffene Entscheidung zu überdenken und die Durchführung des antirassistischen Turniers am 22. August 2009 in Colditz zu ermöglichen. Wir sind der Meinung, dass hier zivilgesellschaftliches Engagement durch eine ordnungspolitische Absicherung Wertschätzung erfahren sollte und würden uns zukünftig über eine vertrauensvolle Kooperation zwischen den demokratischen Kräften in Colditz freuen.

Colditz, 18. August 2009



UnterstützerInnen der Erklärung:
Tobias Burdukat (Stadtrat der Stadt Grimma)
Marcel Gürnth (Ortsvorsitzender DIE LINKE Grimma)
Miro Jennerjahn (Sprecher BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Kreisverband Landkreis Leipzig)
Jürgen Kasek (Bündnis 90/Die Grünen, Leipzig)
Kerstin Köditz (MdL DIE LINKE)
Eiko Kühnert (Mitglied Landesfilmdienst Sachsen e.V.)
Monika Lazar (Bundestagsabgeordnete Bündnis 90/ Die Grünen, Sachsen)
Peter Lewkowitz (Vorsitzender des Freiräume Muldental e.V., Fraktionsgeschäftsführer der Linksfraktion im Kreistag Landkreis Leipzig)
Uwe Lewkowitz
Tilman Loos (Koordinierungsrat Linksjugend Leipzig)
Juliane Nagel (Landesvorstand DIE LINKE Sachsen/ linXXnet e.V. Leipzig)
Denny Trölenberg (Betiebsratsvorsitzender Muldentalkliniken)
Heike Werner (Vorsitzende der Linksfraktion im Kreistag des Landkreis Leipzig)
Volkmar Wölk (stellvertr. Kreisvorsitzender DGB Landkreis Leipzig)

Förderverein für Jugendkultur und Zwischenmenschlichkeit e.V.
Freiräume Muldental e.V.
Gruppe 468
linXXnet e.V. Leipzig
Mobiles Beratungsteam Kulturbüro Sachsen e.V.
NDC - Netzwerk für Demokratie und Courage Leipzig
RAA Sachsen e.V.
Rote Baum e.V. Leipzig
Treibhaus e.V. Döbeln


Meine Stimme gegen Nazis wurde initiiert von:
Bon Courage e. V. Borna, E-Werk Oschatz, Frauenzentrum Regenbogen e. V. Döbeln, Kulturbüro Sachsen e.V., Die LINKE Nordwestsachsen, Netzwerk für Demokratische Kultur e. V. Wurzen, RAA Sachsen e. V. - Beratung für Opfer rechtsextremer Gewalt, Roter Baum e. V. Leipzig, Red Star Supporters Club, Treibhaus Döbeln e. V., Vive le Courage e. V. Mügeln und wird von vielen Initiativen, Vereinen, Verbänden, Parteiorganisationen und Einzelpersönlichkeiten unterstützt. Auf der Homepage der Kampagne www.meine-stimme-gegen-nazis.de können der Aufruf und das Logo für die Weiterverwendung herunter geladen werden. Im August finden in verschiedenen Städten Aktionen statt. Um die Erstellung von Informationsmaterialien und die finanzielle Absicherung von Aktionen zu gewährleisten, ist die Kampagne auf Spenden angewiesen.


Spendenkonto:
Treibhaus e.V.
Kontonr.: 30003425
BLZ: 86055462 (Sparkasse Döbeln)
Stichwort: Meine Stimme gegen Nazis!


Kampagne »Meine Stimme gegen Nazis!«
c/o Treibhaus e.V. | Bahnhofstraße 56 | 04720 Döbeln
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