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Pressebericht, 09.03.2018

Nach Urteil gegen "Gruppe Freital" weitere Ermittlungen in deren Umfeld. Sympathiebekundungen für Rechtsterroristen

Am Mittwoch hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Dresden das Urteil gegen die Angeklagten Mitglieder der rechtsterroristischen »Gruppe Freital« verkündet. Der Staatsschutzsenat des OLG sah es als erwiesen an, dass die Angeklagten der »Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung« schuldig sind. Versuchter Mord, das Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion, gefährliche Körperverletzung, versuchte gefährliche Körperverletzung und Sachbeschädigung wurden ihnen im Richterspruch vorgehalten. Dabei sollen Timo S. und Patrick F. als Rädelsführer agiert sowie Maria K. und Mike S. Beihilfe geleistet haben. Die verhängten Freiheitsstrafen reichen von vier bis zehn Jahren.

Das Gericht war im Rahmen der Hauptverhandlung zu dem Schluss gekommen, dass die Angeklagten sich spätestens ab Juli 2015 zusammengetan hätten, um explizit eine "terroristische Vereinigung" zu gründen und Sprengstoffanschläge auf Asylbewerberunterkünfte sowie Wohnungen, Büros und Fahrzeuge von politischen Gegnern zu verüben. Dass dabei kein Opfer zu Tode kam, ist ein Glücksfall. Die Beschuldigten hatten in unterschiedlicher personeller Zusammensetzung schwerste Straftaten begangen. So verübten sie beispielsweise am 27. Juli 2015 einen Sprengstoffanschlag auf das Auto des damaligen Fraktionsvorsitzenden der Linkspartei im Freitaler Stadtrat, Michael Richter. Dieser hat Freital mittlerweile verlassen, er fühlte sich im Ort nicht mehr sicher.

Weitere schwere Anschläge hatte die neofaschistische Terrororganisation unter anderem im September 2015 auf eine Flüchtlingsunterkunft, ebenfalls im September 2015 auf das Büro der Linkspartei in Freital sowie im Oktober des gleichen Jahres auf das Gebäude des alternativen Wohnprojekts "Mangelwirtschaft" in Dresden verübt. Die Verteidiger der Neofaschisten kritisierten, dass die Anklage wegen Bildung einer Terrorvereinigung überzogen gewesen sei. Der Vorsitzende Richter wies dies zurück. Mehrere Verteidiger kündigten unterdessen an, Revision gegen das Urteil einzulegen. Seitens der Anwälte, mancher Besucher im Gerichtssaal und von Unterstützern in "sozialen Medien" wurde immer wieder versucht, das Verfahren zum "Schauprozess" zu stilisieren und die Taten zu verharmlosen.

Die Ermittlungen zur "Causa Freital" sind trotz des am Mittwoch ergangenen Urteilsspruches nicht abgeschlossen. So ermitteln die Behörden nun im Umfeld der Terroristen, konkret gegen zehn Personen. Zwei würden »der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung« bezichtigt. Den restlichen acht Personen werde die »Unterstützung einer terroristischen Vereinigung« vorgeworfen, wie Wolfgang Klein, Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft, am Donnerstag in Dresden bestätigte. Informationen des MDR-Magazins "Exakt" zufolge sind unter den Beschuldigten auch drei Lebenspartnerinnen von am Mittwoch verurteilten Mitgliedern der "Gruppe Freital" sowie der NPD-Stadtrat Dirk A.

Die "Gruppe Freital" entwickelte sich aus bereits vorhandenen rassistischen Bündnissen und Zusammenschlüssen, die von Kommunalpolitikern wie auch manchen Medien als "besorgte Bürger« verharmlost wurden. So rekrutierte sich die Vereinigung aus dem rechten Bündnis »Freital wehrt sich", welches ab Anfang 2015 einen Mob gegen Flüchtlinge mobilisierte.

Autor: Markus Bernhardt




Hintergrund: Reaktionen auf Urteilsspruch

Das am Mittwoch verkündete Urteil gegen die rechtsterroristische »Gruppe Freital« löste unterschiedliche Reaktionen aus. "Der Prozess zeigte auf, wie stark die gewaltbereite rechte Szene vernetzt ist und welche dramatischen Folgen dies für das friedliche Zusammenleben in Deutschland hat«, erklärten Monika Lazar, Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus, und Irene Mihalic, Sprecherin für Innenpolitik, der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen in einer Pressemitteilung. Auch wenn das Gericht die Täter »mit der nötigen Klarheit verurteilt« habe, lasse sich der Kampf gegen Rassismus und seine Folgen jedoch nicht allein mit Hilfe der Justiz gewinnen, so die Bundestagsabgeordneten.

Verena Meiwald, Mitglied der sächsischen Linksfraktion, deren Wahlkreisbüro in Freital ebenfalls Ziel eines Sprengstoffanschlags gewesen war, verwies darauf, dass es sich bei den Tätern »um Menschen aus der vermeintlichen Mitte handelt, die bisher weitestgehend noch nicht in Erscheinung getreten« seien. »Es schmerzt mich, wenn ich heute noch die Relativierungen des Oberbürgermeisters von Freital, Uwe Rumberg, CDU, höre«, kritisierte Meiwald am Mittwoch. "Nein, es handelt sich hier nicht um ein paar verrückte Einzeltäterinnen und -täter, sondern um ein Netzwerk, das sich zu gefährlichen Straftaten verabredet hat", stellte die Linke-Politikerin klar. (bern)

[Quelle: www.jungewelt.de]