Colditz und Mügeln blockieren Veranstaltungen gegen sächsische Rechtsextremisten
Von Hendrik Lasch
Mit vielen Initiativen soll in Sachsen ein Wiedereinzug der NPD in den Landtag verhindert werden. Doch Städte wie Mügeln und Colditz wollen lieber ihre Ruhe haben als Konzerte oder Turniere gegen Rechts.
»Rote Karte« sollte ein Fußballturnier heißen, das für Sonntag im Muldentalstadion von Colditz geplant war. Doch der Ball wird nicht rollen: Die rote Karte hat die Stadtverwaltung den Veranstaltern gezeigt. Im Rathaus bekam man kalte Füße, nachdem sich herausstellte, dass mit dem Turnier eine politische Botschaft verbunden war. Unter dem Motto »Colditz spielt quer« wollten örtliche Vereine und die landesweite Initiative »Meine Stimme gegen Nazis« ein Zeichen gegen Rechts setzen. Als das publik wurde, so Peter Lewkowitz vom Verein Freiraum Muldental, seien »die Schotten heruntergegangen«.
Vordergründig sorgte sich die Verwaltung um Bürgermeister Manfred Heinz (FDP) um die Sportanlagen: »Wir sollten für alle Schäden haften, die dort zwei Wochen vor oder nach dem Turnier entstehen«, sagt Lewkowitz. Faktisch kuscht die sächsische Kleinstadt damit aber vor möglichen Racheakten der rechtsextremen Szene. Diese störe alternative Veranstaltungen in der Region regelmäßig. So sei vor zwei Jahren ein Konzert von 100 Rechten überfallen worden, darunter Mitglieder der verbotenen Kameradschaft Sturm 34. Im öffentlichen Leben in der Region seien Rechtsextreme allgegenwärtig. Ob bei Stadtfesten oder Sportveranstaltungen: »Ohne Nazis geht hier nichts«, sagt der Vereinschef.
Bemühungen der Kommune, diese Dominanz zu durchbrechen, sind nicht zu erkennen. Vereine wie »Freiraum Muldental«, der vor einem Jahr gegründet wurde, um Toleranz und kulturelle Vielfalt zu fördern, erhielten kaum Hilfe: »Uns wird alles unmöglich gemacht«, sagt Lewkowitz. Komme es bei Konzerten zu Krawall, werde dem Verein die Schuld gegeben, nicht den randalierenden Rechten. Der Stadt, resümiert der Vereinschef sarkastisch, sei »die nationale Ruhe wichtiger als alles andere«.
Damit ist Colditz nicht allein. In Mügeln wird derzeit mit einer Festwoche das 1025-jährige Jubiläum der Stadt gefeiert. Ein Konzert gegen Rassismus, das für nächste Woche in einem städtischen Park geplant war, wurde dagegen untersagt. Bürgermeister Gotthard Deuse (ebenfalls FDP) habe dem Verein »Vive le Courage« zunächst eine mündliche Zusage gegeben, dann aber mit wechselnden Begründungen zum Rückzug geblasen. Journalisten erklärte Deuse, es gebe »keinen Anlass«. Mügeln war vor genau zwei Jahren in die Schlagzeilen geraten, als am Rande eines Stadtfestes mehrere indische Händler gejagt und verprügelt worden waren. Deuse hatte erklärt, es gebe in der Stadt kein rechtes Problem, und Parolen wie »Ausländer raus!« könnten »jedem mal über die Lippen kommen«. Die NPD lobt nach der Absage des Konzertes seine Prinzipienfestigkeit: Er habe sich »Bodenhaftung und Volksnähe« bewahrt.
Sein Amtskollege in Colditz war bislang anders aufgetreten. Die grüne Bundestagsabgeordnete und Expertin für Rechtsextremismus Monika Lazar schreibt in einem offenen Brief an Heinz, sie habe den Eindruck gehabt, dass er »offen und energisch das Thema Neonazismus und Diskriminierung« anpacke. Die Absage des Turniers hält sie für bedauerlich: Damit sei der rechten Szene »zu einem Triumph verholfen worden«.
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