Die rechtsextreme Identitäre Bewegung legt viel Wert auf Äußerlichkeiten: Jung und hip wollen die AktivistInnen aussehen, möglichst wenig nach Springerstiefel-Nazi. Ihre Gesinnung ist ihnen deswegen auf den ersten Blick oft kaum anzusehen. Doch für die Bewegung ist das offenbar auch ein Problem – schließlich können sich Gleichgesinnte so schwer erkennen.
Der österreichische Chef der Identitären, Martin Sellner, will das mit einer eigenen App ändern: Die Mitglieder von "Patriot Peer" sollen sich gegenseitig orten und miteinander Kontakt aufnehmen können. Außerdem soll man durch die App bei politischen Aktionen der Identitären Bewegung (IB) Punkte sammeln können – so will die IB AktivistInnen für ihre Flash-Mobs und Störaktionen gewinnen.
Der Start der App verzögert sich allerdings seit Monaten, nicht zuletzt kamen Martin Sellner und seinen FreundInnen die Anklageerhebung der Grazer Staatsanwaltschaft gegen die Identitäre Bewegung dazwischen.
Die Bundesregierung hat nach eigenen Angaben schon seit Anfang 2017 Kenntnis von der geplanten App. Das teilte sie jetzt in einer Antwort auf eine Schriftliche Anfrage der Grünen-Abgeordneten Monika Lazar mit, die der taz vorliegt. "Das Bundeskriminalamt und das Bundesamt für Verfassungsschutz werden die weitere Entwicklung aufmerksam verfolgen und, wenn erforderlich, geeignete Maßnahmen einleiten", heißt es dort.
"Mit ihrer App 'Patriot Peer' bringt die Identitäre Bewegung ein Pokémon GO für Rechtsextreme auf den Markt", sagt Lazar, in ihrer Fraktion Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus. Davon gehe eine ernstzunehmende Gefahr aus: "Wenn die Identitäre Bewegung laut eigener Aussage mit der App 'aus Wut Widerstand' machen will, sinkt damit die Hemmschwelle, sich an rassistischer Hetze und rechtsextremer Gewalt auch in der realen Welt zu beteiligen."
Wie bei den Identitären üblich, wird die App ungeachtet des unklaren Veröffentlichungstermins vollmundig beworben: Durch das "Patriotenradar" werde die "Masse der schweigenden Mehrheit" sichtbar werden, heißt es auf der dazugehörigen Website. Fraglich bleibt nach wie vor, wie sich die Organisation davor schützen will, dass die App von Leuten genutzt wird, die sich ganz und gar nicht als Patrioten verstehen. Rechtsextreme auch ohne Springerstiefel zu erkennen, könnte sich schließlich in vielen Fällen als nützlich erweisen.
Autorin: Marlene Gürgen
[Quelle: www.taz.de]