Die Reduzierung der Debatte auf eine „Hooligangewalt“ im Stadion ist eindimensional und realitätsfern. Räume von Fußballgewalt sind nicht nur die modernen Bundesligastadien, sondern auch die Plätze der unteren Breitensport-Ligen sowie die An- und Abfahrtswege an den Spieltagen. Jedes Wochenende kommt es quer durch alle Ligen zu Ausschreitungen. Die vielschichtigen Ursachen hierfür müssen differenziert analysiert werden.
Politische Schnellschüsse, wie der Ruf nach Identitätskontrollen beim Kauf von Eintrittskarten, um Hooligans aus den Stadien fern zu halten, lösen kein Problem. Zudem lehnen wir die Personalisierung von Eintrittskarten als datenrechtlich höchst bedenklich ab. Das Geld für solche Vorhaben ist besser in die Qualifizierung und den Ausbau der Fanprojektstrukturen investiert.
Erfreulich ist, dass mittlerweile auch die Innenminister unseren grünen Antrag „Alle Formen von Diskriminierungen thematisieren – Bürgerrechte von Fußballfans stärken – Für einen friedlichen und integrativen Fußballsport“ gelesen haben und nun ebenfalls eine Präventionsstudie fordern. Die Entwicklung des Zuschauerverhaltens muss alle 2 Jahre analysiert werden. Dabei sollten nicht nur die Bundesligen, sondern auch der Amateurfußball Beachtung finden.
Gewalt und Diskriminierung im Fußball können nur gemeinsam und integrativ bekämpft werden. Überzogene Repression führt zu negativen Solidarisierungseffekten innerhalb der Fanszenen. Ein jährlicher Dialog auf Augenhöhe hingegen, wie der Fankongress 2007 in Leipzig, kann zu gemeinsamen Strategien beitragen, die von vielen Fans mit getragen werden.
Ganz wichtig sind außerdem präventive Projekte im Breitenfußballsport. Dies hat der kürzliche Vorfall in Brandis, wo 50 Neonazis, teilweise aus dem Hooliganspektrum, Fans des Fußballvereins „Roter Stern Leipzig“ brutal angriffen, wieder einmal eindrücklich gezeigt.