Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, Rechtsextremismus und Demokratiefeindlichkeit sind verbreitete Probleme in unserer Gesellschaft. Sie betreffen nicht nur "extreme Randgruppen". Wir Bündnisgrünen freuen uns über die vielen hervorragenden Projekte und Beratungsstrukturen, die demokratiestärkende Angebote machen, Opfern rechter Gewalt helfen und einer rechtsextremen Alltagskultur entgegenwirken. Ziel ihrer Arbeit ist es, die Zivilgesellschaft vor Ort zur Gestaltung einer demokratischen Kultur zu ermutigen und so menschenfeindlichen Ideologien den Nährboden zu entziehen.
Wer sich in solchen Projekten engagiert – oft um den Preis, von Nazis beschimpft, bedroht und tätlich angegriffen zu werden – will unsere Demokratie schützen und stärken. Das liegt eigentlich auf der Hand, doch offenbar nicht für die Bundesregierung. Sie hegt ein diffuses Misstrauen, die zivilgesellschaftlichen Initiativen könnten insgeheim "Linksextremisten" sein. Unter diesen Verdacht können Engagierte bereits geraten, wenn sie zu friedlichen Blockaden rechtsextremer Aufmärsche aufrufen oder auf ihren Websites Portale verlinken, die für den schwarz-gelben Geschmack zu viel "links-alternatives" Selbstbewusstsein ausstrahlen. Mit der Intention, "Extremisten" aufzuspüren, nötigt die Regierung alle förderwilligen Projektträger, eine sogenannte Extremismusklausel zu unterzeichnen. Darin sollen sie sich erstens zum Grundgesetz und zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung (fdGO) bekennen und zweitens alle potenzielle Partnerorganisationen, Referentinnen und Referenten etc. daraufhin überprüfen, ob diese auf der Grundlage der fdGO arbeiten. Selbstverständlich sind die Träger gern bereit, schriftlich ihre demokratische Haltung zu bestätigen, wenngleich diese Notwendigkeit angesichts ihres Tätigkeitsprofils ziemlich überflüssig erscheint. Doch haben sie zu Recht ein Problem mit der verlangten "Gesinnungsschnüffelei" und dem Anlegen von Dossiers über ihre Partnerinnen und Partner.
Zivilgesellschaftliche Initiativen dürfen nicht zum verlängerten Arm des Verfassungsschutzes gemacht werden! Dieses Ansinnen ist gesellschaftspolitisch inakzeptabel und juristisch fragwürdig. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit meldete auch der renommierte Verwaltungsrechtler Prof. Ulrich Battis in einem Rechtsgutachten an. Zudem wirft das Verfahren zahlreiche praktische Probleme auf. Die Träger wissen nicht, wie sie die Forderung nach einer Partnerüberprüfung in hinreichender Weise erfüllen können. Sie befürchten eine Rückforderung von Fördermitteln, falls sie mit einem Partner zusammenwirken, der Schwarz-Gelb verdächtig erscheint. Ministerin Schröders Tipp, die potenziellen Partner doch einfach zu googeln, kann in diesem Zusammenhang nur als Hohn empfunden werden. Aber vor allem vergiftet das gegenseitige Ausspionieren die gemeinsame Arbeitsatmosphäre und bindet die ohnehin knappen Ressourcen, die besser gegen die neonazistischen Feinde unserer Demokratie eingesetzt werden sollten.
Besonders kompliziert wird es, wenn ganze Kommunen die Erklärung unterzeichnen müssen. Dann kann es zu absurden Konstellationen kommen, wie in der Stadt Riesa, die sich für ihre Fördermittel erst einmal zur Verfassung bekennen musste. Der Riesaer Finanzbürgermeister zeigte sich dabei zu Recht irritiert, weil er sich mit seiner Unterschrift automatisch für die Grundgesetzestreue der beiden NPD-Stadträte mit zu verbürgen hatte.
Das alles belegt die absolute Praxisuntauglichkeit der Klausel. Die verlangte Durchleuchtung von Partnerinnen und Partnern stellt für die Zivilgesellschaft eine Überforderung dar und steht in keinem Verhältnis zu dem Ziel, radikale Kräfte von einer Förderung auszuschließen.
Wir fordern die Bundesregierung in unserem Antrag auf, die "Extremismusklausel" aus den Richtlinien für die Bundesförderung zu streichen. Die Ziele einer solchen Erklärung können durch eine vertrauensvolle, dialogorientierte Zusammenarbeit mit den Projektträgern und Kommunen viel besser und nachhaltiger erreicht werden.
Quelle: www.gruene-bundestag.de