Extremismus Nach den NSU-Morden wurden frühere Tötungsdelikte auf rechtsextreme Motive überprüft: Nun ist von 75 Opfern die Rede. Besonders viele Neubewertungen gibt es in Brandenburg. Das weckt Kritik an den Untersuchungsmethoden. Von Katja Bauer
Horst Hennersdorf starb am 5. Juni 1993 auf einem Gartengrundstück in Fürstenwalde. Der 37 Jahre alte Obdachlose wurde von zwei jungen Männern über Stunden in den Oberkörper und ins Gesicht getreten, geschlagen, gedemütigt. Irgendwann atmete er nicht mehr. Kinder fanden den Töten zwei Wochen später. Die beiden Täter wurden zu acht beziehungsweise fünf Jahren Haft verurteilt. Das Gericht erkannte zwar, dass die beiden Männer Skinheads waren, sah jedoch keinen rechten Tathintergrund.
Der Tod wurde zu einer Ziffer in der Kriminalstatistik, Abteilung Kapitalverbrechen. Diese Sicht hat sich nun, 22 Jahre später, nach einer gründlichen Untersuchung geändert - Horst Hennersdorf ist seit kurzem offiziell einer von 18 Menschen, die im Bundesland Brandenburg in der Zeit zwischen 1990 und 2011 zu Opfern rechter Gewalt wurden....
Kritiker wie die Grünen-Abgeordnete Monika Lazar stoßen sich an den Kriterien des Kataloges, der dann zur Bewertung der verbleibenden Fälle herangezogen wurde. Gefragt wurde streng nach einem rechtsextremen, verfassungsfeindlichen oder terroristischen Hintergrund oder einem Zusammenhang mit dem NSU - eine Fragestellung, die selbst in der Kriminalstatistik so nicht mehr angewandt wird und die aus Sicht der Kritiker so eng ist, dass man schwer neue Erkenntnisse gewinnen kann.... [lesen]