Update vom 9.11.2018: Kurz vor 1 Uhr morgens startete im Bundestag die angekündigte eSport-Debatte. Die Positionen ihrer Fraktionen vertraten Monika Lazar (Bündnis 90/Die Grünen), Johannes Steiniger (CDU), Joana Cotar (AfD), Detlev Pilger (SPD), Britta Dassler (FDP) und Petra Sitte (Die Linke). Die Abgeordneten verwiesen auf die weiterhin wachsende Bedeutung des eSport-Markts und appellierten an eine Fortführung des Dialogs zwischen Games- und Sport-Verbänden.
Der Bundestags-Livestream wurde landesweit von mehreren hundert eSport-Fans verfolgt. Der eSport-Bund Deutschland (ESBD) organisierte eine Twitch-Übertragung. Die komplette Aufzeichnung der 61. Sitzung des Deutschen Bundestags lässt sich in der Mediathek des Bundestags abrufen.
Der Antrag der Grünen-Fraktion wurde – wie erwartet – an den Sportausschuss des Bundestags überwiesen. Dort findet am 28. November 2018 eine seit langem geplante Anhörung zum Thema eSport statt, an der auch Vertreter von ESBD und DOSB teilnehmen.
Update vom 8.11.2018: Laut Tagesordnung hat sich die Debatte mittlerweile auf den Freitagmorgen verschoben – frühestens um 2:30 Uhr soll es losgehen. Der Livestream lässt sich auf der Website des Bundestags verfolgen. Das Sitzungsende ist für 3:15 Uhr geplant.
Ursprüngliche Meldung vom 7. November 2018:
In der Nacht von Donnerstag auf Freitag debattiert der Deutsche Bundestag über eSport – und zwar auf Antrag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen unter Federführung ihrer Vorsitzenden Katrin Göring-Eckhardt und Anton Hofreiter. Sofern der Zeitplan der üppigen Tagesordnung eingehalten wird, startet die Debatte kurz nach Mitternacht, was vollbesetzte Ränge und ungeteilte Aufmerksamkeit erwarten lässt.
Der Antrag trägt die Überschrift "Die Entwicklung des eSports fördern und gestalten". Darin verweisen die Grünen auf den großen Zuspruch zu eSport-Veranstaltungen und -Übertragungen, untermauert durch Zahlen des Industrieverbands Game. Gleichzeitig wachse die Zahl der Amateur-eSport-Vereine sowie von Sportvereinen mit eSport-Abteilungen.
Dem Trend zur zunehmenden Kommerzialisierung wollen die Grünen entgegenwirken, indem sie den Amateur-Sektor fördern, Rechtssicherheit schaffen und die Gemeinnützigkeit anerkennen. Parallel müssten auch die Risiken adressiert werden, etwa mit Blick auf Suchtgefahren.
„Da die Koalition von Union und SPD dem eSport im Koalitionsvertrag große Versprechungen gemacht hat und nichts geschieht, legen wir nun einen umfassenden Maßnahmenkatalog zur Förderung des eSports vor“, so die Grünen-Abgeordnete und sportpolitische Sprecherin Monika Lazar.
Konkret umfasst der Antrag unter anderem folgende Punkte:
- Anerkennung der ehrenamtlichen Arbeit von Vereinen mit eSport-Angebot
- Förderung des eSports als gemeinnütziger Zweck / Gleichstellung zum traditionellen Sport
- Erleichterung der Einreise für internationale eSport-Turnierteilnehmer inklusive vereinfachter Visa-Vergabe
- Anerkennung des Potenzials von eSports mit Blick auf Menschen mit Behinderung (Inklusion)
- Barrierefreiheit von Software, Bediengeräten, Trainings- und Veranstaltungsräumen
- Kooperationen zwischen Sportspitzenverbänden und Games-Sektor
- Kooperation des organisierten eSports mit der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA)
- Stärkung der Medienkompetenz
- Beratungsangebote für Betroffene von Computerspielabhängigkeit („Gaming Disorder“)
- Aufklärungskampagnen rund um die Suchtgefahr des Gamings
- Verpflichtende Informations- und Präventions-Mechanismen in Games (zum Beispiel automatische Verlangsamung bei langer Spieldauer, Belohnung von Pausen, Verzicht auf Lootboxen)
Bemerkenswert ist außerdem die Forderung nach einer gesonderten Alterseinstufung von eSport-Veranstaltungen – und zwar unabhängig von der USK-Freigabe des jeweiligen Spiels. Dadurch könnten auch minderjährige Zuschauer live vor Ort dabei sein, wenn auf der Bühne Spiele praktiziert werden, die erst ab 18 Jahren freigegeben sind.
Der Antrag der Grünen entspricht in zentralen Punkten jenen Plänen, wie sie im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD im März 2018 vereinbart wurden. In ihrem Dokument weisen die Grünen darauf hin, dass der Gesetzgeber aufgrund der verfassungsrechtlich garantierten Autonomie des verbands- und vereinsorganisierten Sports zwar selbst keine Sportarten anerkennen kann – wohl aber sei gesetzgeberisch die Gemeinnützigkeit durchsetzbar.
Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) lehnte in der Stellungnahme vom 29. Oktober diese Anerkennung der Gemeinnützigkeit ab. Die Entscheidung war auf scharfe Kritik des Branchenverbands Game, des eSport-Bund Deutschland (ESBD) und von CDU-, CSU- und FDP-Digitalpolitikern gestoßen. Unter anderem hatte sich das Kanzleramt in Person von Digital-Staatsministerin Dorothee Bär (CSU) von der Haltung des DOSB distanziert.
Auch die Grünen-Politikerin Monika Lazar bedauert die "sehr ablehnende" Positionierung des DOSB. Der Dialog zwischen ESBD und Olympischen Sportbund müsse unbedingt weitergeführt werden. Mit dem Bundestags-Antrag nehme man auch den organisierten eSport in die Pflicht: "Beim Anti-Doping-Kampf, Sucht und Gesundheitsprävention oder Geschlechtergerechtigkeit im eSport muss der organisierte eSport Maßnahmen ergreifen. Deshalb begrüßen wir auch den neuen Ethikkodex des ESBD. Die Politik und der organisierte Sport sollten den eSport bei der Umsetzung unterstützen."
[Quelle: www.gameswirtschaft.de]