Die Sportpolitik der vergangenen Monate auf Bundesebene war bestimmt von den Diskussionen um die Olympischen und Paralympischen Spiele von Sotschi. Schon früh hat die grüne Bundestagsfraktion beschlossen, nicht nach Sotschi zu reisen. Denn das wäre einer Aufwertung von Putins Spielen gleichgekommen. Ich brauche mich nicht als fahnenschwenkender Fan am Rande der Wettkämpfe zu präsentieren, während das Staatsoberhaupt per Gesetz Menschen- und Bürgerrechte mit Füßen tritt. Viel wichtiger wäre gewesen, sich mit AktivistInnen vor Ort zu treffen. Das sahen wir nicht gewährleistet.
Im Sportausschuss haben neben der politischen Auseinandersetzung um die Olympischen Spiele, die durch die Annektierung der Krim durch Russland während der Paralympics noch dramatischer verlaufen ist, auch sportfachliche Aspekte eine große Rolle gespielt. So war das schlechte Abschneiden der deutschen AthletInnen eines der Hauptthemen. Der Deutsche Olympische Sportbund hatte im Vorfeld der Spiele als „Zielkorridor“ 27-42 Medaillen angekündigt. Letztlich waren es nur 19 – für mich ein willkommener Anlass, neu über die Struktur der Spitzensportförderung in Deutschland nachzudenken. Ich bezweifle, dass die einseitige Orientierung an Medaillen im Interesse einer nachhaltigen Sportpolitik sein kann. Vielmehr sollten Kriterien wie die Karriereförderung oder die Dopingprävention in den Kriterienkatalog mit aufgenommen werden.
Eine Umstrukturierung der Spitzensportförderung hat auch der neue (und ehemalige) Bundesinnenminister Thomas de Maizière angekündigt. Bei seinem Antrittsbesuch im Sportausschuss hat er die Vorlage eines entsprechenden Konzeptes bis 2015 versprochen. Leider gehen seine Vorschläge aber in eine ganz andere Richtung: Anstatt sozialer Kriterien, die den SportlerInnen in ihrem Berufsleben helfen sollen, plant der Innenminister, die Gelder der Sportförderung künftig stärker auf einzelne Sportfachverbände zu konzentrieren. Das bedeutet, viel Geld in Sportarten zu stecken, von denen viele Medaillen bei Olympia erwartet werden können. Das ist eine Bankrotterklärung an die Vielfalt des Sports. Enttäuschungen beim Abschneiden deutscher SportlerInnen sind so vorprogrammiert. Es braucht nur unglücklich zu laufen wie beim Bob: Deutschland leistet sich gleich vier (von weltweit insgesamt 21) Bobbahnen, steckt zudem allein 13 Millionen Euro in die Forschung und gewinnt trotzdem keine Medaille bei Olympia. Medaillen als Kriterium der Spitzensportförderung erscheinen daher absurd. Von Menschen- und Bürgerrechten als Kriterien der bei der Vergabe von Sportgroßveranstaltungen wollte der Minister auch nichts wissen.
In diesen Wochen beschäftigt der Bundeshaushalt das Parlament. Sportpolitisch besonders brisant: Während der mittlerweile zurückgetretene Innenminister Friedrich noch eine Kürzung der Sportförderung von vier Millionen Euro vorgesehen hatte, kündigte der neue gleich eine Erhöhung des Betrages an. Wohin das Geld gehen sollte, wusste er nicht. Eine solch blinde Erhöhung habe ich umgehend kritisiert. Mittlerweile steht der Haushaltsplan der Bundesregierung. Von der ursprünglichen Ankündigung ist noch ein Plus 2,8 Millionen Euro übrig. Ich werde mich dafür einsetzen, dass die Verwendung von Bundesmitteln auch der Allgemeinheit zugutekommt, indem etwa gut funktionierende Bundesprogramme zur Stärkung der Zivilgesellschaft mit Sportbezug mehr Mittel erhalten.
Leider tagt der Sportausschuss zunächst grundsätzlich nicht öffentlich. Da sich die SPD, die zunächst für eine öffentliche Sitzungsweise des Ausschusses plädiert hatte, nicht durchsetzen konnte, wird der Ausschuss wohl auch während der 18. Wahlperiode nicht öffentlich tagen. Ich halte die geltende Regelung für eine massive Fehleinschätzung der Großen Koalition: Um Glaubwürdigkeit herzustellen, bedarf es der Transparenz des Ausschusses. So aber bietet sich ein sehr unglückliches Bild. Es ist ein Trauerspiel, dass die Union zuerst eine „großzügige“ Auslegung der öffentlichen Tagungen versprach und nun doch alles hinter verschlossenen Türen bleibt.