Nach dem mutmaßlichen Abschuss eines Passagierflugzeugs in der Ostukraine stellen deutsche Politiker die Ausrichtung der Fußball-WM 2018 durch Russland in Frage.
Nach dem mutmaßlichen Abschuss eines Passagierflugzeugs in der Ostukraine stellen deutsche Politiker die Ausrichtung der Fußball-WM 2018 durch Russland in Frage. Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) sagte der "Bild"-Zeitung, wenn Präsident Wladimir Putin "nicht aktiv an der Aufklärung des Flugzeugabsturzes mitwirkt, ist die Fußball WM 2018 in Russland unvorstellbar". Ähnlich äußerten sich Grünen-Politiker, während die Bundesregierung eine solche Debatte für verfrüht hält.
Beuth, der auch Vorsitzender der Sportministerkonferenz der Länder ist, forderte den Fußball-Weltverband Fifa auf, zu prüfen, ob die WM-Vergabe noch aufrecht erhalten werden könne. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Stephan Mayer (CSU), äußerte sich ähnlich. "Sollte Präsident Putin nicht einlenken und die Krise weiter anheizen, darf es auch kein Tabu mehr sein, Russland die Fußball-WM 2018 zu entziehen", sagte Mayer der "Bild"-Zeitung.
Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs sagte dem "Handelsblatt Online", Deutschland könne zusammen mit Frankreich und Italien "ohne Probleme" das Turnier übernehmen. "Wir haben genügend Stadien, die WM-tauglich sind." Eine Neuvergabe der WM als Strafmaßnahme sei wesentlich wirkungsvoller als die Verhängung harter Wirtschaftssanktionen.
Vize-Regierungssprecher Georg Streiter sagte zu der Debatte: "Das ist noch vier Jahre hin, ich glaube, wir haben drängendere Probleme." Es sei "noch ein langer Weg bis 2018", zudem sei es nicht Entscheidung der Bundesregierung, wo eine WM stattfinde. Ähnlich hatte sich zuvor auch Vizekanzler und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) geäußert.
Die Grünen-Außenpolitikerin Marieluise Beck sagte der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung": "Die Vergabe der Fußball-WM an Russland war bereits vor der Ukraine-Krise fragwürdig, weil der Kreml seit Jahren Bürgerrechte immer wieder einschränkt." Inzwischen sei Putin erst recht "kein würdiger Gastgeber". Die Grünen-Sportpolitiker Özcan Mutlu und Monika Lazar erklärten, Putin dürfe nach den Olympischen Spielen in Sotschi nicht erneut eine Plattform zur "Selbstinszenierung" bekommen. Wenn im September Fifa-Chefermittler Michael Garcia seinen Bericht zu möglicher Korruption bei der WM-Vergabe vorlege, müsse Putins derzeitiges Handeln berücksichtigt werden.
Der Präsident des Deutschen Fußball-Bunds (DFB), Wolfgang Niersbach, zeigte sich besorgt: "Wir haben äußerst gute, freundschaftliche Beziehungen zum russischen Fußballverband und dem dortigen WM-Organisationskomitee, aber wir beobachten mit sehr großer Sorge die politische Entwicklung in Russland, die bei der Vergabe der WM im Dezember 2010 so nicht absehbar war", erklärte Niersbach am Mittwoch auf Anfrage. Er äußerte sich allerdings nicht konkret zu den Forderungen deutscher Politiker.
Der im Exekutivkomitee des Fußballweltverbands Fifa sitzende frühere DFB-Präsident Theo Zwanziger lehnte einen Boykott ab. Ein Boykott habe "im Sport nur selten etwas gebracht und deshalb halte ich von einem solchen Vorschlag auch nichts", sagte er dem "Handelsblatt Online".
Der niederländische Fußballverband KNVB äußerte sich zurückhaltend dazu, ob die niederländische Nationalelf an einer WM in Russland teilnehmen würde: "In diesen schwarzen Tagen" sei es zu früh, darüber zu diskutieren, teilte der Verband mit. Unter den 298 Todesopfern des Flugzeugabsturzes waren 193 Niederländer.
Quelle: www.stern.de/deutsche-politiker-stellen-wm-2018-in-russland-in-fragel
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