Wie die Fußballzeitschrift 11 Freunde in einem Interview berichtet, kam es trotz der momentanen Geisterspiele im deutschen Fußball im letzten Jahr zu 1.000 neuen Personeneinträgen in die Kartei „Gewalttäter Sport“. Rechtsanwalt René Lau von der „AG Fananwälte“ fordert die Politik auf, einzugreifen.
So erläutert Lau, dass für die Datenerhebungen bis Mai noch ältere Daten als Erklärung fungieren könnten. Doch aus der offiziellen Stellungnahme des Bundesinnenministeriums geht hervor, dass selbst in der Sommerpause neue Einträge hinzukamen. Lau fordert die Parlamentarier:innen deshalb auf, herauszufinden, auf welcher Grundlage die Daten erhoben wurden. Um diesem nachzukommen, setzte sich der Fan-Anwalt mit Monika Lazar von den Grünen in Verbindung.
„Diese Datei muss endlich auf rechtsstaatliche Beine gestellt werden.“ René Lau
Problematisch an der ganzen Datei ist ihre rechtliche Grundlage. In den File kann prinzipiell jede Person aufgenommen werden, die im Umfeld des Fußballsports in eine Polizeikontrolle geraten ist. Eine Verurteilung und mit ihr ein Gewahrwerden dessen, dass man Teil dieser Datei ist, sind nicht nötig. Daher wissen die meisten Registrierten auch gar nicht, dass sie in der Datensammlung registriert sind. Informationen gibt es nur auf Nachfrage bei der zuständigen Landes-Polizeibehörde.
Betroffene wehren sich
Um sich zu wehren, bietet die AG Fananwälte rechtliche Beratung für Betroffene an und versucht, die Politik in ihre Verantwortung zu nehmen. Denn trotz Versprechens des Rot-Rot-Grünen Senats in Berlin, die Kartei abzuschaffen, wird dieses Vorhaben von Seiten der SPD blockiert. Wenigstens in rechtlicher Hinsicht gab es kleine Erfolge: so wurden zumindest einzelne Einträge gelöscht, wenn sich die betroffenen Personen zur Wehr gesetzt hatten.
Transparenz und Unrechtskartei
Eine Transparenz, wer für welche Vergehen Teil dieser Kartei ist, gibt es jedoch nicht. Betroffene werden nicht informiert, und Fristen zur Löschung der Datei werden nicht beachtet, kritisiert Rechtsanwalt Lau weiter.
Die Folgen der Registrierung können nämlich weitaus schwerwiegender sein, als nur Probleme mit der Polizei bei Fußballspielen zu bekommen. So verweist René Lau auf einen Fall, bei dem ein ehemaliger Mandant mit seiner Familie nach Istanbul in den Urlaub reisen wollte. Am Flughafen erlebte er jedoch eine böse Überraschung, als er von der deutschen Polizei aufgehalten wurde und sich den unangenehmen Fragen stellen musste, warum er denn nach Istanbul wolle – in Istanbul gab es an diesem Wochenende ein Fußball-Derby.