Fussball: Pyrotechnik, Fans und DFB - Die Fronten bleiben verhärtet

Pressebericht, Reviersport, 29.07.2019

Kalte, ungefährlichere Pyrotechnik könnte den Konflikt zwischen Fans und Verband lösen. Die Bundesregierung will dabei nicht vermitteln.

Spätestens seit der DFB im Jahr 2011 den Dialog mit 160 Ultra-Gruppen zum verantwortungsbewussten Umgang mit Pyrotechnik überraschend abgebrochen hatte, sind die Fronten zwischen Fans und Verbänden verhärtet. Die Bundesregierung will nicht helfen, den Konflikt zu entschärfen. Das geht aus der Antwort auf eine kleine Anfrage der Bundestagabgeordneten Monika Lazar hervor, die dieser Redaktion vorab vorlag. "Eine vermittelnde Rolle im vorliegenden Interessenkonflikt ist keine Aufgabe der Bundesregierung", heißt es in dem Schreiben.

Darin geht es unter anderem um sogenannten "kalte" Pyrotechnik. Die Fackeln erreichen Temperaturen von "nur" 200 Grad im Gegensatz zu normalen Bengalos, die 2300 Grad heiß werden können. Das Projekt stammt aus Dänemark und wird nicht nur dort bereits seit Jahren erfolgreich angewandt.

Vereine und Sicherheitsexperten haben es gemeinsam entwickelt. Fackeln brennen dort fast während des ganzen Spiels – und kaum jemand beschwert sich. "Ich bedaure es, dass sich die Bundesregierung Modellprojekten mit kalter Pyrotechnik oder zum kontrollierten Abbrennen unter bestimmten Auflagen komplett verschließt", sagt Monika Lazar, Sprecherin für Sportpolitik der Grünen-Bundestagsfraktion. "Die Bundesregierung sollte hier ihre ideologischen Scheuklappen ablegen und endlich auch Projekte zum alternativen Umgang mit Pyrotechnik, wie etwa in Österreich oder Norwegen, in Deutschland ermöglichen. Denn letztlich machen wir die Stadien für alle sicherer, wenn Pyrotechnik kontrollierter und kälter abgebrannt wird, und nicht wie jetzt ohne jegliche Auflagen."

Der Bundesregierung stuft die "kalte" Pyrotechnik als zu gefährlich ein.



Mehr als zwei Millionen Euro Strafe mussten die Klubs zwischen erster und dritter Liga in der Saison 2018/19 zahlen

Lazar ist für einen Dialog zwischen Fans und Verbänden. "Klar ist: Der rein repressive Kampf gegen Pyrotechnik ist gescheitert. Populistische law-and-order Forderungen, wie Knast für Zündler, bringen uns nicht weiter. Sie befeuern vielmehr einen Konflikt, den man entschärfen könnte, würde man auch hierzulande auf einen alternativen Umgang mit Pyrotechnik setzen", so Lazar.

Dennoch müsse es Grenzen geben. "Vermutlich wird man mit Modellprojekten zu kalter Pyrotechnik oder zum kontrollierten Abbrennen unter bestimmten Auflagen nicht alle Fans erreichen", sagt die Bundestagsabgeordnete. "Aber jede Fackel, die kontrolliert von fachkundigen Fans abgebrannt wird, erhöht die Sicherheit im Stadion im Vergleich zum bisherigen völlig unkontrollierten Zündeln. Wer aber mit dem Werfen von Pyrotechnik auf das Spielfeld oder in gegnerische Blocks andere Menschen gefährdet, muss weiterhin polizeilich verfolgt werden, daran würden Modellprojekte natürlich nichts ändern."

Auch den Vereinen kämen neue Regeln entgegen. Mehr als zwei Millionen Euro Strafe mussten die Klubs zwischen erster und dritter Liga in der Saison 2018/19 zahlen, weil ihre Anhänger in den Kurven gezündelt haben. 196 Personen haben sich zwischen der Saison 2013/14 und 2017/18 an Pyrotechnik im Stadion verletzt. Dazu käme laut Bundesregierung eine Dunkelziffer, weil nur Fälle registriert worden seien, bei denen sich Verletzte bei der Polizei gemeldet hätten.


[Quelle: www.reviersport.de]