Leipzig. Knapp sechs Jahre vor der Fußball-EM-Endrunde 2024 in Deutschland mit Spielort Leipzig sieht Hermann Winkler aufgrund gut gefüllter öffentlicher Kassen die Chance, bundesweit an der Basis EM-würdige Sportstätten zu schaffen. Der CDU-Europaabgeordnete und Präsident des Sächsischen Fußball-Verbandes sagt im LVZ-Interview: "Ich rege an, mit 20 Millionen Euro des Bundes jährlich sechs Jahre lang Kunstrasenplätze zu bauen und Sporthallen zu sanieren – kofinanziert mit Ländern und Kommunen kämen wir im Gesamtzeitraum auf 700 Millionen Euro Investitionsmittel. Mir ist bewusst, dass das nur ein Tropfen auf dem heißen Stein ist. Aber es würde nicht nur geredet." Der Ist-Zustand vieler Sportstätten sei nicht befriedigend.
Unterstützung findet der Vorschlag bei Leipzigs Sportbürgermeister Heiko Rosenthal (Die Linke): "Ich begrüße die Aussagen von Hermann Winkler und unterstütze diese Ansicht. Der gleiche Appell müsste jedoch an den Freistaat Sachsen gerichtet werden, welcher Mittel in der gleichen Größenordnung zur Verfügung stellen muss, da es sich bei einer Bundesförderung um eine Komplementärförderung handelt." Die Stadt Leipzig sei bereits in Vorleistung gegangen, in dem der Stadtrat am 19. September ein Sonderprogramm zum Bau von Kunstrasenplätzen in Höhe von 500 000 Euro beschlossen hat.
Der Leipziger Bundestagsabgeordnete Jens Lehmann (CDU) meint: "Die Forderung nach einem Maßnahmenplan des Bundes unterstütze ich voll und ganz, das steht auch im Einklang mit dem Koalitionsvertrag. Wir müssen den erwarteten Schwung der EM 2024 auch für den Breitensport nutzen." Zudem müssten auch Olympische Spiele in Deutschland ein nächstes Ziel sein.
Die Leipzigerin Monika Lazar, Sportpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, sieht ebenfalls großen Sanierungsbedarf bei Sportstätten: "Hier sollte sich der Bund stärker engagieren. Dieses Problem haben wir auch ganz besonders bei Schwimmhallen." Skeptisch sieht sie aus Umwelt-Gesichtspunkten die Forderung nach mehr Kunstrasenplätzen: "Da muss man sich anschauen. ob es nicht nachhaltigere Alternativen gibt. Eine Mikroplastik-Studie vom Fraunhofer-Institut von Juni 2018 schätzt, dass Kunstrasenplätze für 96,6 von rund 4000 g Eintrag von Mikroplastik pro Kopf und Jahr verantwortlich sind."
Ralf Minge, Geschäftsführer Sport von Dynamo Dresden, denkt, dass die Schere zwischen Amateur- und Elite-Fußball auseinandergeht. "Da können die Bedingungen im Amateurfußball gar nicht gut genug sein." Es gehe immer mehr, aber Sachsen und Dresden seien im Vergleich zu anderen Bundesländern schon gut aufgestellt. Minge unterstützt Winklers Vorschlag, dass künftig auch in kleineren Stadien wie in Rostock oder Dresden Länderspiele der DFB-Auswahl stattfinden. "Wenn man die Entwicklung so ein bisschen beobachtet, dann halte ich es schon für realistisch. Es wird sicherlich nicht die große Fußballnation sein, die hier aufschlägt, aber es wäre ganz einfach schön." Das letzte Länderspiel in Dresden fand 1992 gegen Mexiko statt (1:1).
Ralph Mothes, Geschäftsführer des Nordsächsischen Fußballverbandes legt ebenfalls den Finger in die Wunde und erinnert an ein Versprechen: "War der Sportstättenausbau nicht auch Bestandteil der Bewerbung für die EM? Wenn immer wieder daran erinnert wird, dass an der Basis etwas gemacht werden muss, ist das nur gut. Also immer wieder klingeln, um auch für die kleinen Vereine etwas zu tun."
Gojko Sinde, Geschäftsführer des Westlausitzer Fußballverbandes sieht die Initiative Winklers positiv: "Generell ist jede Förderung sehr gefragt, egal um was es geht, wenn es den Vereinen hilft, bis hin zur Materialbeschaffung. Und wenn es kleine Tore sind für altersgerechtes Kindertraining."
Christian Mörschke, Verantwortlicher für Öffentlichkeitsarbeit beim Nordsächsischen Fußballverband (NFV), begrüßt den Vorschlag: "Wir sind in Nordsachsen sehr rückständig. Worin die Gründe dafür genau liegen, kann ich nicht sagen, aber einige Vereine waren pfiffiger als andere. Etwa wenn es darum ging, an Fördermittel zu kommen.“ Er gibt aber zu bedenken: „Die Frage ist nur, nach welchen Gesichtspunkten die Gelder verteilt werden. Eine gerechte Verteilung stelle ich mir schwierig vor.“ Zudem müsse die Förderung für Übungs- und Nachwuchsleiter attraktiver gestaltet werden. Und: „Natürlich sind die Vereine auch selber gefordert, ihr Umfeld zu gestalten."
Autor: Frank Schober
[Quelle: www.sportbuzzer.de]