Es ist die Grundlage dafür, dass in der Bundesliga wieder der Ball rollt: das Hygienekonzept von DFL und DFB. Aber auch drei Wochen nach dem Restart ist oft nicht klar, wer kontrolliert, dass die Vorgaben auch eingehalten werden.
Laut Bundesregierung stehen „zuallererst die Vereine der Bundesliga und 2. Bundesliga und ihre Hygienebeauftragten“ in der Verantwortung, das Konzept umzusetzen und Verstöße zu sanktionieren – der Profi-Fußball soll sich also selbst kontrollieren. Bereits vor drei Wochen haben wir die Deutsche Fußball-Liga gefragt, wie genau diese Selbstkontrolle aussieht – bis heute haben wir keine Antworten auf unsere Fragen erhalten.
In der Antwort auf eine Anfrage von Grünen-Sportpolitikerin Monika Lazar verweist die Bundesregierung zudem auf die örtlichen Behörden. Eine Deutschlandfunk-Abfrage bei allen 36 Profi-Vereinen aus der 1. und 2. Bundesliga und den zuständigen Gesundheitsämtern zeigt aber nun, dass nur an manchen Standorten staatliche Behörden Kontrollen durchführen – und das die Zahl der benötigten Corona-Tests höher liegt, als ursprünglich von der DFL geplant.
Die Antworten auf unsere Fragen haben wir unten zusammengefasst. Bis jetzt (Stand: 8. Juni, 19 Uhr) haben 27 Vereine (14 Erstligisten und 13 Zweitligisten) und 16 Gesundheitsämter auf unsere Anfrage geantwortet. Wir haben sie am Ende des Artikels aufgelistet. Sollten uns weitere Antworten erreichen, werden wir diese nachträglich in den Artikel einpflegen.*
Gab es seit dem Restart der Bundesliga positive Corona-Tests?
Von den 13 Erstligisten, die uns geantwortet haben, geben elf an, dass es keine oder keine dem Verein bekannten Coronafälle gegeben habe. RB Leipzig schreibt, dass man zu diesem Thema „generell keine Auskunft“ gebe.
Werder Bremen gibt an, dass es einen positiven Fall im Umfeld eines Spielers gegeben habe. Der Spieler sei in Quarantäne gegangen, sei aber bei allen Tests negativ gewesen und nun wieder im Training. Diesen Fall hatte Werder am 15. Mai, also am Tag vor dem Restart, selbst öffentlich gemacht.
Aus der 2. Liga schrieben acht der 13 Vereine, die uns geantwortet haben, dass es bei ihnen keine positiven Fälle gegeben habe. Fünf Vereine machen dazu keine Angaben: VfL Bochum, Hannover 96, FC St. Pauli, SSV Jahn Regensburg, VfB Stuttgart.
Der VfL Bochum verweist auf einen zu kurzen Antwortzeitraum und die Zuständigkeit der Deutschen Fußball-Liga. Hannover 96 bittet um Verständnis, „dass wir keine Auskunft zu gesundheitlichen Daten unserer Spieler und deren Familien sowie sonstiger Mitarbeiter geben.“
Von den Gesundheitsämtern teilen zwölf mit, dass es in ihrem Zuständigkeitsbereich keine positiven Covid-19-Tests in den Vereinen gegeben habe. Aus vier Rückmeldungen geht nicht eindeutig hervor, ob es im abgefragten Zeitraum Coronafälle gegeben hat: Düsseldorf, Hamburg-Altona (für den HSV zuständig) und Wolfsburg. Der HSV und der VfL Wolfsburg haben nicht auf unsere Umfrage geantwortet. Fortuna Düsseldorf teilt uns mit, dass es beim Verein „bisher keinen bekannten Corona-Fall“ gegeben habe.
Dem Gesundheitsamt Dresden teilte mit, dass ab besagtem Zeitraum ein positiver Fall gemeldet wurde. Die Coronafälle bei Dynamo Dresden sind öffentlich bekannt.
Wie viele Tests wurden bislang im Auftrag des Vereins durchgeführt?
Vier Erstligisten machen hierzu keine Angaben: Der FC Augsburg, Fortuna Düsseldorf, der SC Freiburg und RB Leipzig. Der FC Augsburg verweist in dieser Frage an die DFL. Drei Vereine antworten allgemein, dass sie sich an die von der DFL vorgegeben Testungen hielten: Hertha BSC, 1. FC Köln und SC Paderborn. Borussia Dortmund teilt mit, dass man „keine Statistik über die Gesamtzahl“ der Tests führe.
Drei Vereine werden konkreter. Die TSG Hoffenheim berichtet von rund 600 Tests, die alle negativ waren. Mainz 05 schreibt: „Es gab bisher 11 Testreihen, unsere Testgruppe besteht aus 51 Personen.“ Multipliziert ergibt dies 561 Tests, allerdings ohne die im Hygienekonzept vorgesehenen freiwilligen Tests für Angehörige. Eintracht Frankfurt ergänzte, bei der Zahl der Tests handle es sich um die DFL-Testreihe „zuzüglich zwei notwendig gewordener Testreihen aufgrund der damaligen Infektionen.“ Bei Eintracht Frankfurt hatte es vor dem Saison-Wiederbeginn mehrere Coronafälle gegeben. Bayer Leverkusen teilte mit, dass es dort bisher 550 Coronatests inklusive des Kaders der Frauen-Bundesliga gegeben habe. Borussia Mönchengladbach teilte mit, dass rund 300 Tests durchgeführt worden seien.
Werder Bremen teilt mit, dass dort eine Testreihe 55 Menschen umfasse und bereits zehn Testreihen durchgeführt worden seien. Zudem seien 80 Angehörige einmalig getestet worden. Dies ergibt eine Summe von 630 Tests bis zum 30. Spieltag.
Rechnet man die Zahlen von Bremen auf alle Profi-Vereine hoch, ergibt das eine Test-Anzahl von etwa 35.000 bis zum Ende der Saison. Das sind 10.000 Tests mehr, als die DFL in ihrem ersten Entwurf für das Hygienekonzept vorgesehen hatte – die DFL hatte gegenüber Zeit Online bereits bestätigt, dass mehr Tests benötigt werden. Zum Vergleich: In der vergangenen Woche hat es in Deutschland laut der der „Vereinigung der Akkreditierten Labore“ 340.000 Tests gegeben, weitere 500.000 wären möglich gewesen.
Die Zweitligisten verweisen nahezu allesamt darauf, dass sie sich an die von der DFL vorgeschriebenen Testungen hielten. Der VfL Bochum und Arminia Bielefeld machen keine Angaben. Der 1. FC Nürnberg teilt mit, es seien 14 Testreihen absolviert worden. Greuther Fürth schreibt, dass zusätzlich zu den vorgeschriebenen Test vor der Wiederaufnahme des Kleingruppentrainings schon „eigeninitiativ zwei Testdurchläufe mit unserer Mannschaft“ gemacht worden seien, um das Risiko zusätzlich zu minimieren.
Wie wurde die Einhaltung des DFL-Hygienekonzepts kontrolliert?
Die Erstligisten Augsburg, Düsseldorf und Leipzig machen keine Angaben. Mainz 05 und der SC Paderborn sprechen von einem engen Austausch mit den örtlichen Behörden. Eine Kontrolle bejaht haben Hertha BSC, Werder Bremen und die TSG Hoffenheim (alle durch Gesundheitsamt und Ordnungsamt), der SC Freiburg (keine weitere Angabe) und der 1. FC Köln (durch Gesundheitsamt und DFL), Bayer Leverkusen (durch die Gesundheitsämter Köln und Leverkusen) sowie Eintracht Frankfurt, Borussia Mönchengladbach (durch das örtliche Gesundheitsamt, durch den arbeitsmedizinischen Dienst Mönchengladbach und durch die Task Force der DFL) und Borussia Dortmund (beide Gesundheitsamt).
Das Gesundheitsamt Dortmund gibt gegenüber dem Deutschlandfunk allerdings an, dass es keine Kontrolle geben würde, weil die Überprüfung der Einhaltung des Hygienekonzeptes gesetzlich nicht vorgesehen sei. „Da das Gesundheitsamt keine durch den Trainings- oder Spielbetrieb verursachte erhöhte Infektionsgefahr für die Bevölkerung sieht, gibt es aus medizinischer Sicht für Kontrollen auch keine Notwendigkeit“, so die Behörde.
Zu diesem Widerspruch erklärt BVB-Sprecher Sascha Fligge, dass es zwei Besuche durch das Gesundheitsamt gegeben habe – einen vor Wiederbeginn der Saison und einen in der vergangenen Woche. Dabei seien Abläufe und die Testungen der Spieler überprüft worden, allerdings habe es keine Abnahme des Gesamtpakets gegeben. So seien die unterschiedlichen Aussagen einzuordnen.
Eintracht Frankfurt teilte uns mit, das Gesundheitsamt habe sich ein Bild von der „Umsetzung des DFL-Hygienekonzepts machen“ können und „es gab für unsere Umsetzung durchweg positives Feedback.“ Das Gesundheitsamt der Stadt teilte mit, das Hygienekonzept an sich sei überprüft und für gut befunden worden. Die Umsetzung von Hygienekonzepten im Sportbereich werde aber vom Gesundheitsamt nicht kontrolliert. Dazu fehle die gesetzliche Grundlage.
Die Gesundheitsämter in Freiburg, Heidelberg (zuständig für Hoffenheim und Sandhausen), Köln und Leipzig geben dem Deutschlandfunk gegenüber an, dass sie Kontrollen durchgeführt hätten. Dabei seien keine Beanstandungen festgestellt worden, beziehungsweise „keine Beanstandungen, die den Wettbewerbsbetrieb verhindern“, wie die Kölner Behörde schrieb. Berlin-Charlottenburg (zuständig für Hertha BSC) teilte mit, das Hygienekonzept sei überprüft worden, es habe keine Beanstandungen gegeben und die Einhaltung überwache das Ordnungsamt. Das Gesundheitsamt Dresden teilte mit, das Konzept sei in einer gemeinsamen Beratung inhaltlich erörtert worden. Zwischen dem Verein und dem Gesundheitsamt gebe es einen intensiven Informationsaustausch.
Bei den Zweitligisten sprechen Bielefeld, Greuther Fürth, Heidenheim, St. Pauli und Jahn Regensburg von einem engen und regelmäßigen Austausch, bleiben aber vage, ob es Kontrollen gegeben hat. Dass es Kontrollen gegeben habe, teilen folgende Vereine mit: Darmstadt 98, 1. FC Nürnberg (beide durch das Gesundheitsamt), SV Wehen Wiesbaden (durch das Gesundheitsamt sowie das Hessische Amt für Soziales). Aue, Bochum, Hannover und Stuttgart machen keine Angabe.
Unterschiedliche Rückmeldungen
Der VfL Osnabrück teilt mit, es habe Kontrollen gegeben, unter anderem durch das zuständige Gesundheitsamt. „Teilweise proaktiv durch den VfL Osnabrück initiiert. Es gab keine Beanstandungen, nur positive Resonanz.“ Das Gesundheitsamt hingegen schreibt, es „überprüft nicht das Hygienekonzept der DFL, das fällt in deren eigene Zuständigkeit.“
Der Verein präzisiert auf Nachfrage, dass das Gesundheitsamt nicht die 1:1-Kontrolle des DFL-Hygienekonzepts übernehme. Nichtsdestotrotz sei man im ständigen Austausch und habe auch über das Hygienekonzept hinaus Maßnahmen ergriffen. Diese sei man gemeinsam durchgegangen.
Die Gesundheitsämter Karlsruhe und Hannover geben an, sie hätten keine Kontrollen durchgeführt. Anders die Gesundheitsämter in Bielefeld und Kiel. In Bielefeld habe es bereits eine Kontrolle gegeben und weitere seien geplant, das Kieler Amt kontrolliere Holstein regelmäßig. Das Konzept werde bislang eingehalten, schreibt das Gesundheitsamt. Vom Verein selbst hat die Deutschlandfunk-Sportredaktion keine Rückmeldung erhalten.
*Update am 6.6., 21 Uhr: In unserer ersten Version des Artikels hatten wir die Antwort der TSG Hoffenheim unterschlagen, die tatsächlich mit als erstes geantwortet hatte. Die Angaben sind nun in den Artikel integriert. Wir bitten diesen Fehler zu entschuldigen.
Update am 7.6., 12:30 Uhr: In einer früheren Version sprachen wir von einem Widerspruch zwischen den Angaben von Eintracht Frankfurt und dem Gesundheitsamt. Dies haben wir präzisiert. Ebenso konnten wir die Zahl der Testreihen ergänzen.
Update 7.6., 13 Uhr: Die Angaben von St. Pauli wurden ergänzt.
Update 8.6., 11.30 Uhr: Die Angaben von Bayer Leverkusen wurden ergänzt.
Update 8.6., 19 Uhr: Die Angaben von Borussia Mönchengladbach wurden ergänzt.
Update 8.6., 20 Uhr: Die Angaben des Gesundheitsamts Berlin-Charlottenburg wurden durch den Stadtrat für Soziales und Gesundheit, Detlev Wagner, ergänzt. Eine Ergänzung des Gesundheitsamts Dresden wurde eingefügt.
Geantwortet haben (in alphabetischer Reihenfolge):
1. Bundesliga: FC Augsburg, Hertha BSC, Werder Bremen, Borussia Dortmund, Fortuna Düsseldorf, Eintracht Frankfurt, SC Freiburg, TSG Hoffenheim, 1. FC Köln, RB Leipzig, Bayer Leverkusen, Mainz 05, Borussia Mönchengladbach, SC Paderborn.
2. Bundesliga: Erzgebirge Aue, Arminia Bielefeld, VfL Bochum, Darmstadt 98, Greuther Fürth, Hannover 96, FC Heidenheim, 1. FC Nürnberg, VfL Osnabrück, FC St. Pauli, Jahn Regensburg, VfB Stuttgart, SV Wehen Wiesbaden.
Geantwortet haben nicht: Union Berlin, Bayern München, FC Schalke 04, VfL Wolfsburg (1. Liga), Dynamo Dresden, Hamburger SV, Karlsruher SC, Holstein Kiel, SV Sandhausen (2. Liga).
Folgende Gesundheitsämter haben geantwortet: Bielefeld, Dortmund, Düsseldorf, Dresden, Frankfurt, Freiburg, Hamburg-Altona (HSV), Hannover, Heidelberg (zuständig für Hoffenheim und Sandhausen), Karlsruhe, Kiel, Köln, Osnabrück, Leipzig, Wolfsburg.
Autor*innen: Victoria Reith und Maximilian Rieger