Frage an Regierung zum DFL-Konzept - "Bringt kein Licht ins Dunkel"

Pressebericht, sportschau.de, 20.05.2020

Antwort auf Anfrage von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Das Hygienekonzept der DFL gilt als Schlüssel für die Zustimmung der Politik, damit in den beiden höchsten deutschen Ligen wieder Fußball gespielt werden darf. Für die Partei Bündnis 90/Die Grünen blieben aber Fragen offen. Sie stellte eine Anfrage an die Bundesregierung und ist nun verärgert: "Die Antwort bringt leider kein Licht ins Dunkel."

Salomon Kalou klatschte mit den Kollegen in der Kabine ab und filmte einen Physiotherapeuten, der ohne ausreichende Schutzkleidung einen Coronatest vornahm. Der Ivorer wurde daraufhin von Hertha BSC suspendiert. Für andere Beteiligte blieben die Verstöße ohne Folgen.

Heiko Herrlich verließ das Mannschaftshotel, um Zahnpasta und Hautcreme einzukaufen. Der Trainer des FC Augsburg zog die Konsequenzen und sich für das Spiel gegen den VfL Wolfsburg aus dem Verkehr.

Borussia Mönchengladbach verkürzte das mit einer Länge von mindestens sieben Tagen vorgeschriebene Trainingslager unter Quarantänebedingungen. Konsequenzen blieben aus.

"Wer überprüft, ist mir weiterhin unklar"

Bevor die Bälle in den Stadien der Bundesliga und 2. Liga wieder rollten, gab es mehrere Verstöße gegen das Hygienekonzept der Deutschen Fußball Liga (DFL), die Fragen nach der Kontrolle und eventuellen Sanktionen hervorriefen. Monika Lazar, sportpolitische Sprecherin der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, stellte diese Fragen an die Bundesregierung. Die Antwort ist nun erfolgt, das Schreiben liegt der Sportschau seit Mittwoch (20.05.20) vor, genau wie eine Reaktion von Monika Lazar, die ernüchtert feststellte: "Die Antwort der Bundesregierung bringt leider kein Licht ins Dunkel. Wer die Einhaltung des DFL-Konzepts überprüft, ist mir weiterhin unklar."

Arbeitsschutzverwaltungen und Berufsgenossenschaften

Auf die Frage, "welche staatlichen oder nicht-staatlichen Institutionen" die Einhaltung des Hygienekonzeptes kontrollieren und welche Konsequenzen ein Verstoß hätte, antwortete die Regierung: "Für Aspekte des Arbeitsschutzes sind die Arbeitsschutzverwaltungen der Länder und die zuständige Verwaltungs-Berufsgenossenschaft zuständig."

Monika Lazar nahm das mit Erstaunen zur Kenntnis. Im Sportausschuss sei den Politikern mitgeteilt worden, "dass die lokalen Gesundheitsämter zuständig" seien, nun verweise die Bundesregierung auf andere Stellen.

Gesundheitsämter entscheiden über Quarantäne

Wie Beispiele zeigen, spielen die Gesundheitsämter eine wichtige Rolle, wenn es zu Corona-Infektionen gekommen ist. So verordnete das Gesundheitsamt Dresden der kompletten Mannschaft des Zweitligisten Dynamo eine Quarantäne, nachdem es zu zwei positiven Tests gekommen war. Zwei Partien der Sachsen mussten daher verschoben werden.

Nach positiven Fällen beim 1. FC Köln mussten auf Anweisungen von Gesundheitsämtern (zuständig ist die Behörde am Wohnort des Betroffenen) nur die Infizierten in Quarantäne. Der Rest der Mannschaft blieb im Training und spielte dann auch am Sonntag (17.05.20) gegen den 1. FSV Mainz 05.

Die von der Bundesregierung angeführten Arbeitsschutzverwaltungen der Länder überwachen grundsätzlich die gesetzlichen Bestimmungen zur Sicherheit und zum Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz. Ein positives Signal des Bundesarbeitsministeriums, das es Ende April gegeben hatte, war Voraussetzung für eine Fortsetzung des Spielbetriebs. Die Entscheidung darüber trafen Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Regierungschefs der 16 Länder.

Nahezu wortgleiche Erklärung

Nach dem Verweis der Regierung auf die Zuständigkeit von Arbeitsschutzverwaltungen und Berufsgenossenschaften folgt in der Antwort an die Grünen eine Erklärung, die nahezu wortgleich in einer Mitteilung der DFL vom 14. Mai zu lesen ist:  "Die Deutsche Fußball Liga-Mitgliederversammlung (DFL) hat beschlossen, das unter Leitung von Herrn Prof. Dr. Tim Meyer von der 'Task Force Sportmedizin/Sonderspielbetrieb' erarbeitete medizinisch-organisatorische Konzept sowie das 'Informationshandbuch Diagnostik und Monitoring für den Trainings- und Spielbetrieb in der Bundesliga und 2. Bundesliga' als Anhänge in die DFL-Spielordnung aufzunehmen. Das Konzept sowie das Informationshandbuch haben nunmehr auch rechtliche Verbindlichkeit für alle Clubs."

Abschließend folgert die Regierung: "Durch die verbindliche Integration des Konzeptes als Anlage zur Spielordnung werden Verstöße DFL-intern sanktionierbar."

Dieser Satz verdeutlicht, dass der auch für die Spiele im DFL-Bereich zuständige Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) nicht ermitteln und das zugehörige Sportgericht nicht urteilen können, wenn es um das "Konzept Sonderspielbetrieb" geht.

Vage Formulierungen

Das Konzept ist nach dem Beschluss der DFL-Vollversammlung vom 14. Mai nun zwar Teil der Spielordnung, nicht definiert ist dort aber, was genau Verstöße sind, wer über sie entscheidet und was die Konsequenzen sein könnten.

Kontrollausschuss und Sportgericht hätten nur bei genaueren Formulierungen in dieser Hinsicht eine Handhabe gehabt, und das auch nur bei Verstößen an einem Spieltag. Zum Vergleich: Das Gericht urteilt bei Tätlichkeiten aus den Spielen und nicht bei Vorfällen im Trainingsbetrieb.

Antwort auf Frage nach Konsequenzen fehlt

"Die Einhaltung des DFL-Konzepts muss von unabhängigen Stellen kontrolliert werden", fordert Monika Lazar und gibt zu bedenken: "Ohne der DFL oder den Vereinen etwas unterstellen zu wollen, muss man schon sehen, dass es theoretisch einen Interessenkonflikt geben kann, denn DFL und Vereine wollen die Saison sportlich zu Ende bringen."

Verärgert ist die sportpolitische Sprecherin der Grünen darüber, dass die Bundesregierung ihr auf die Frage nach möglichen Konsequenzen der Politik bei Verstößen gar keine Antwort gegeben habe. Ihrer Ansicht nach müsse "die Politik im Zweifelsfall auch nochmal neu über die Fortsetzung des Spielbetriebs entscheiden", falls sich herausstellen sollte, dass das Konzept nicht eingehalten werde.

Söder: "Im Zweifelsfall Rote Karte"

Das hatte ein hochrangiger Vertreter der Politik allerdings schon angekündigt. Markus Söder (CSU), bayerischer Regierungschef und derzeit Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz, sagte der "Bild"-Zeitung schon vor den ersten kompletten Spieltagen ohne Zuschauer: "Wenn einem die Gesundheitsexperten diese Vorschläge gegeben haben, wenn die Liga selbst unter großem Aufwand und mit klugen Ideen Konzepte erarbeitet hat, muss man sich an diese Regeln halten. Und wenn man sich nicht daran hält, dann gibt es im Zweifelsfall eine Rote Karte."

Autoren: Marcus Bark, Chaled Nahar

[Quelle: https://www.sportschau.de/fussball/bundesliga/bundesliga-dfl-hygiene-konzept-anfrage-bundesregierung-100.html]