Manche dieser grummelnden und "besorgten" Sachsen kann man wirklich nicht verstehen. Da rufen sie mal "Wir sind das Volk" fordern mehr direkte Demokratie – und dann wählen sie doch beharrlich Kandidaten, die von Transparenz und Offenheit gar nichts halten. Das gehört aber beides zusammen. Gerade in einem Zeitalter, in dem digitale Kommunikation die direkten Fragen der Wähler an die Gewählten möglich macht. Hochpeinlich, wenn die nicht mal Lust zum Antworten haben.
Abgeordnetenwatch bietet diese Möglichkeit seit 2004 an, damals – die Hamburger hatten gerade die seltsame Koalition der CDU mit der Schillpartei abgewählt, regierte (für Hamburg eine echte Ausnahme) die CDU mit Ole von Beust die nächsten vier Jahre mit absoluter Mehrheit. Grund genug für hartnäckige Wählernachfragen. Das Modell hat Abgeordnetenwatch nach und nach auf alle Bundesländer ausgeweitet. Aber gerade einige konservative Kandidaten nehmen es einfach nicht ernst, machen nach wie vor eine Politik, in der sie ihr politisches Handeln gern auf Kabinettstische und Hinterzimmer beschränken.
Auch in der teilweise durchaus erfolgreichen Haltung, dass die Wähler zwar gern so tun, als wären sie an politischen Entscheidungen wirklich interessiert – am Wahltag aber dann doch lieber verschlossene ältere Männer wählen, die ihnen das Gefühl geben, dass sie die nächsten vier oder fünf Jahre mit kniffligen politischen Fragen verschont werden. Sie geben tatsächlich ihre Stimme an der Wahlurne ab und merken nicht einmal, dass das die Ursache all ihrer stillen oder lauten Besorgnisse ist.
Denn Kommunikation erfolgt niemals nur in eine Richtung
Wenn Politiker/-innen ihren Wähler/-innen antworten, nehmen sie sehr wohl wahr, was den Bürgern auf der Seele brennt. Und machen es dann oft zum Teil ihrer Politik, auch wenn das – wie in Sachsen – Wahl für Wahl nicht immer honoriert wird.
Insgesamt sitzen für Sachsen 38 Abgeordnete im Bundestag. Dreizehn erreichten durch ihr fleißiges Antwortverhalten bei Abgeordnetenwatch ein "sehr gut", sechs ein "gut", zweimal gab es "befriedigend", dreimal "ausreichend", dreimal "mangelhaft" und elfmal "ungenügend". Die Durchschnittsnote liegt bei 3,3. Bei der letzten Durchführung 2019 lag diese noch bei leicht besseren 3,1.
Die Bestnote "sehr gut" erhielt unter anderem Katja Kipping. Die Parteivorsitzende der Linke beantwortete alle 185 an sie von Bürger/-innen gestellten Fragen. Sie ist bei weitem die meist befragte Abgeordnete des Bundeslandes.
Nach ihr kommen die zwei CDU-Abgeordneten Alexander Kraus und Frank Heinrich mit jeweils 46 und 31 Fragen, die sie alle beantworteten. Insgesamt bekamen 13 der 38 Abgeordneten eine glatte „1″, darunter auch Stephan Kühn (Grüne) und die Leipziger Abgeordnete Daniela Kolbe (SPD), welche die 23 an sie gerichteten Fragen genauso fleißig beantwortete. Wie auch der Leipziger Bundestagsabgeordnete der Linken Sören Pellmann seine 17 Fragen. Die Leipzigerin Monika Lazar, die für die Grünen im Bundestag sitzt, hat zum Stichtag 10 von 11 Fragen beantwortet, Jens Lehmann (CDU) immerhin 5 von 9.
Und während der Leipziger AfD-Abgeordnete Siegbert Droese immerhin 5 von 6 schaffte, fühlte sich sein Fraktionskollege Christoph Neumann nicht mal bemüßigt, die drei eingereichten Fragen zu beantworten.
Schlusslicht ist wie im vergangenen Jahr der ehemalige sächsische und Bundes-Innenminister Thomas de Maizière, der bisher keine der 36 an ihn gestellten Bürger/-innen-Anfragen beantwortete. Elf Abgeordnete reagierten bisher nicht oder nur vereinzelt auf Anfragen – dafür gab’s die Note 6. Darunter befinden sich die zwei parteilosen Abgeordneten Frauke Petry und Verena Hartmann sowie Vertreter/-innen der CDU und der AfD. Als einzige SPD-Abgeordnete mit der Note 6 ließ die Meißenerin Susann Rüthrich acht Fragen offen.
Alle Ergebnisse der sächsischen Bundestagsabgeordneten.
In die Noten sind alle Fragen von Bürger/-innen auf abgeordnetenwatch.de seit der Bundestagswahl ab dem 25. September 2017 bis 2. Juli 2020 eingeflossen. Bei den Antworten war der Stichtag der 16. Juli (12 Uhr mittags). Auf diese Weise wurde sichergestellt, dass den Abgeordneten ausreichend Zeit für die Beantwortung aller Fragen blieb. Sogenannte Standardantworten, also Antworten, die sich inhaltlich nicht auf die Fragen beziehen, sondern z.B. auf andere Kommunikationskanäle verweisen, werden als keine Antwort gewertet.