Anlässlich des Aktionstages "Extreme Zeiten", an dem betroffene Initiativen gegen die zu unterzeichnende "Extremismusklausel" als Voraussetzung für die Ausgabe von Fördermitteln protestieren, erklären Claudia Roth MdB, Monika Lazar, Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus, und Sven-Christian Kindler MdB, Berichterstatter für das Familienministerium im Haushaltsausschuss:
Wir begrüßen den Aktionstag "Extreme Zeiten" und unterstützen seine Ziele. Eine kritische Auseinandersetzung über die "Extremismusklausel" ist notwendig.
Mit der Unterzeichnung der Klausel müssen sich Träger verpflichten, alle potenziellen Partnerorganisationen, Referentinnen und Referenten usw. daraufhin zu überprüfen, ob diese auf der Grundlage der freiheitlich-demokratischen Grundordnung arbeiten. Das verunsichert Projekte und Beratungsstrukturen, erschwert ihre Arbeit enorm, ist rechtlich fragwürdig und zudem sachlich überflüssig. Demokratiestärkende Initiativen dürfen nicht zur ehrenamtlichen Mitarbeit für den Verfassungsschutz gezwungen werden.
Wer sich gegen Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und Rechtsextremismus engagiert – oft sogar um den Preis, von Nazis beschimpft, bedroht und tätlich angegriffen zu werden – will die Demokratie schützen und stärken. Deshalb sind solche Träger selbstverständlich bereit, ihre demokratische Haltung auch schriftlich zu bestätigen. Doch haben sie aus guten Gründen ein Problem mit der verlangten "Gesinnungsschnüffelei" und dem Anlegen von Dossiers über ihre Partnerinnen und Partner. Die Bundesregierung bleibt klare Kriterien schuldig, wann ein potenzieller Partner als "Extremist" gilt. Daher fragen sich die Initiativen besorgt, wie sie eine Partnerwahl, die dem schwarz-gelben Geschmack widerspricht, vermeiden können. Ministerin Schröders Tipp, die potenziellen Partner doch einfach zu googeln, kann in diesem Zusammenhang nur als Hohn empfunden werden. Zur Farce wird die Klausel spätestens dann, wenn Kommunen, in denen NPD-Mitglieder im Stadtrat mitwirken, ihre Verfassungstreue bestätigen, wie es beispielsweise in Riesa der Fall war.
Die Klausel verursacht Zukunftsängste bei den Trägern. Sie wissen nicht, ob sie mit Rückforderungen von Fördermitteln rechnen müssen, falls sie unwissentlich mit Personen arbeiten, die der Regierung nicht genehm sind. Die Durchleuchtung von Partnern überfordert sie und steht in keinem Verhältnis zu dem Ziel, demokratiefeindliche Kräfte von der Förderung auszuschließen. Vor allem aber vergiftet das gegenseitige Ausspionieren die Arbeitsatmosphäre und bindet die ohnehin knappen Ressourcen, die den Initiativen im Engagement gegen Nazis, Rassismus und Antisemitismus zur Verfügung stehen.
Wir fordern die Bundesregierung auf, die "Extremismusklausel" aus den Richtlinien für die Bundesförderung zu streichen. Die Ziele einer solchen Erklärung können durch eine vertrauensvolle, dialogorientierte Zusammenarbeit mit den Projektträgern und Kommunen viel besser und nachhaltiger erreicht werden.