Anlässlich des heutigen gemeinsamen Pressegesprächs der Opferberatungsprojekte von Ostdeutschland und Berlin zum Problemfeld der gestiegenen rechten Gewalt erklärt Monika Lazar, Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus:
Fast alle unabhängigen Beratungsstellen melden einen deutlichen Anstieg rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt. Den größten Anteil nehmen rassistisch motivierte Taten ein, die innerhalb eines Jahres um 20 Prozent stiegen. Massive Bedrohungen, Körperverletzungen, Nötigungen und versuchte Tötungen gehören zur täglichen Realität in Deutschland. Darüber sind wir äußerst besorgt.
Zu begrüßen ist, dass die zivilgesellschaftlichen Beratungsprojekte die Dunkelziffer rechter Gewalt verringern konnten. Darin sehen wir auch einen Auftrag an die staatlichen Behörden, rechte Straftaten kompetenter und systematischer zu erfassen und dabei die Expertise unabhängiger Opferberatungen einzubeziehen. Dass dies bisher nicht gelang, haben die Erkenntnisse aus dem NSU-Ausschuss gezeigt. Die traurige Wahrheit ist: Opfer, Gefährdete und Angehörige finden allzu oft bei staatlichen Stellen keine Hilfe, sondern werden mit Blindheit auf dem rechten Auge, institutionellem Rassismus und fehlender interkultureller Kompetenz konfrontiert.
Dieses Problemfeld ist auch Ausdruck gesellschaftlicher Diskurse, in denen Rassismus nicht klar benannt und geächtet wird. Dies gilt aktuell insbesondere für die Flüchtlings- und Asyldebatte, bei der nicht nur rechtsextreme, sondern zum Teil auch demokratische Kräfte rechtspopulistische Ressentiments bedienen. Hetze gegen Asylsuchende und Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte gehören zu den Folgen dieser gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit. Rassistische Vorurteile definieren Sündenböcke, schüren Gewalt, kosten Leben. Das ist nicht hinnehmbar.
Wir fordern die Bundesregierung auf, Beratungsprojekte für Opfer rechter Gewalt bundesweit zu fördern, vorhandene Angebote zu stärken und in Westdeutschland neue Anlaufstellen finanziell zu ermöglichen. Die Bundesmittel gegen Rassismus und andere gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit müssen auf mindestens 50 Millionen Euro jährlich erhöht und dauerhaft gesetzlich gesichert werden.
Überfällig ist eine Anpassung der offiziellen Liste der Todesopfer rechter Gewalt in Anlehnung an die seit Jahren zivilgesellschaftlich dokumentierten Fälle.
Wir wollen, dass die Bundesregierung mit den Ländern auf einen strukturierten Dialog zwischen Polizei und unabhängigen Opferberatungsstellen hinwirkt.
Eine verbesserte, menschenrechtsorientierte, interkulturelle Aus- und Fortbildung sowie Personalpolitik muss die Sicherheitsbehörden in die Lage versetzen, rechte und rassistische Tatmotive zu erkennen und gezielt zu verfolgen.