Zur heutigen Vorstellung der Ergebnisse der Studie "Die stabilisierte Mitte" zu rechtsextremen Einstellungen in Deutschland erklärt Monika Lazar, Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus:
Wir brauchen eine breite Debatte über rassistische Abwertungstendenzen in unserer Gesellschaft. Zwar haben die gefestigten rechtsextremen Haltungen abgenommen, jedoch werden insbesondere AsylbewerberInnen, Sinti und Roma sowie MuslimInnen stark abgewertet und stigmatisiert. 76 Prozent aller Befragten lehnen einen großzügigen Umgang mit Asylanträgen ab, rund jeder Zweite bezweifelt, dass Asylsuchende in ihrem Heimatland überhaupt verfolgt werden. Den Sinti und Roma schreibt ca. die Hälfte der Befragten eine "Neigung zur Kriminalität" zu und will sie aus den Innenstädten verbannen. Das Angstszenario einer angeblichen "Überfremdung" scheint durch, wenn 43 Prozent angeben, sich durch Muslime "wie ein Fremder im eigenen Land" zu fühlen.
Zustimmung zu Zuwanderung wird tendenziell dann gegeben, wenn Menschen als "nützlich" im Sinne einer starken Wirtschaftsentwicklung gelten, wie z.B. ausländische Fachkräfte. Die Forscher beschreiben hierbei einen Zusammenhang zwischen guten Wirtschaftsparametern und Ressentiments gegenüber denjenigen Gruppen, die als bedrohlich für den Wohlstand wahrgenommen werden. Das wirft die Frage auf, was unsere Demokratie zusammenhält und auf welchen Werten sich das Zusammenleben gründet.
Die Ergebnisse bezüglich der gewachsenen Abwertung einzelner Opfergruppen passen in trauriger Weise mit den aktuellen Angaben von zivilgesellschaftlichen Opferberatungsstellen zusammen. Diese verzeichnen einen Anstieg rassistischer Gewalttaten um 20 Prozent innerhalb nur eines Jahres verzeichnen. Dabei sind beispielsweise besonders häufig Flüchtlinge und deren Unterkünfte Ziel der Täter.
Zu den offiziellen Schlussfolgerungen aus dem NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages gehört, dass die Auseinandersetzung mit Rassismus als gesamtgesellschaftliche Daueraufgabe von allen Fraktionen anerkannt wurde. Nun müssen diesem Konsens zügig konkrete Taten folgen.
Wir fordern die Bundesregierung auf, im kommenden Haushaltsverfahren im Herbst die Bundesmittel gegen Rassismus, Antiziganismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu verdoppeln, mindestens jedoch auf 50 Millionen Euro zu erhöhen. Die Förderperioden für Initiativen müssen deutlich verlängert werden. Auch eine Senkung der Kofinanzierung für Projekte ist überfällig. Unverzichtbar ist der Ausbau bundesweiter Opferberatungsstrukturen auf einem hohen Qualitätsniveau. Denn Opfer und potenziell Bedrohte benötigen kompetente Anlaufstellen und unsere gesamte Gesellschaft braucht Signale für einen weltoffenen und solidarischen Umgang mit Zuwanderung und Vielfalt.