Die Ergebnisse der heute vorgestellten Studie zu Ursachen des Rechtsextremismus in Ostdeutschland müssen für die Verantwortlichen in der Bundesregierung und der sächsischen Staatsregierung ein Weckruf sein.
Die gesamtgesellschaftliche Bedeutung der Rechtsextremismusprävention muss sichtbarer werden: Das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ ist bisher beim Familienministerium angesiedelt, weil es keine eigene gesetzliche Grundlage gibt. Rassismus, Antisemitismus, Islamfeindlichkeit und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit sind aber nicht allein ein Jugendproblem, sondern betreffen alle Altersgruppen.
Wir fordern die Bundesregierung auf, ein Demokratiefördergesetz als bundesgesetzliche Grundlage zur Demokratieförderung und Rechtsextremismusprävention vorzulegen. Dauerhaft gesichert werden soll damit die Arbeit der nichtstaatlichen Opferberatung, der Mobilen Beratungsteams, der bundesweiten Strukturträger und der Partnerschaften für Demokratie und lokaler Initiativen.
Die Beteiligung der Zivilgesellschaft an der Entwicklung der Bundesförderung muss ausgebaut und entbürokratisiert werden. Die Zivilgesellschaft darf vor allem nicht unter Generalverdacht gestellt werden. Noch immer gibt es staatliches Misstrauen gegen Anti-Rechts-Projektträger. So werden sie vor der Förderung einer Prüfung unterzogen, in manchen Fällen mit Beteiligung des Verfassungsschutzes.
Insbesondere für die CDU Sachsen, die das Bundesland seit 1990 durchgehend regiert, sind die Ergebnisse der Studie ein Armutszeugnis. Dass die politische Bildung hier jahrelang sträflich vernachlässigt wurde, hat die durch die Studie beschriebenen Zustände begünstigt. Die sächsische Union muss sich endlich von ihrer Wagenburgmentalität verabschieden. Statt jene, die sich unter schwierigsten Bedingungen für die Demokratie einsetzen, als Nestbeschmutzer zu diffamieren, sollte sie jedes zarte Pflänzchen zivilgesellschaftlichen Engagements, insbesondere in ländlichen Regionen, hegen und pflegen.
Nicht nur in Ostdeutschland braucht es eine eindeutige und offensive Distanzierung von rechtspopulistischen Diskursen, auch innerhalb der Politik. Hier gilt es, humanistische Werte und Geschichtsbewusstsein in den Vordergrund zu stellen. Darüber hinaus muss die demokratische Teilhabe in allen gesellschaftlichen Bereichen verbessert, mehr Partizipationsmöglichkeiten in Schulen, Unis und Betrieben geschaffen werden. Alle Demokratinnen und Demokraten sind durch die Studie aufgefordert, gemeinsam für eine lebendige und vielfältige Demokratie zu streiten.