Am 9. Oktober findet in Leipzig das Lichtfest statt, welches an die Montagsdemonstrationen im Herbst 1989 erinnern soll. Dieses Jahr steht das Thema Ungarn im Mittelpunkt. Neben dem Oberbürgermeister Leipzigs soll dort auch Zoltan Balog, Repräsentant der Regierung Ungarns ein Grußwort halten.
Dazu erklärt Monika Lazar, Leipziger Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/ Die Grünen:
Vor dem Hintergrund der Ereignisse im Herbst `89 und des mutigen Eintretens für die freiheitlich-demokratischen Grundrechte damals, ist diese Auswahl ein Hohn. In Ungarn existiert eine Regierung, die zwar im demokratischen Rahmen agiert, aber von ihrem Selbstverständnis her sich wie die Führungsoligarchie einer Einparteienherrschafft generiert. Seit dem Regierungsantritt der Fidesz wurde eine Vielzahl institutioneller Machtbeschränkungen geschleift, wie etwa die Kompetenzen des Verfassungsgerichts. Die Meinungsfreiheit wurde deutlich eingeschränkt und in die Unabhängigkeit des Kulturbetriebes eingegriffen, was die Entlassung von über 900 Journalisten belegt.
Hinzu kommt ein gefährlicher Rechtsruck im Land. Am Budapester Theater wurde ein Rechtsradikaler zum Intendanten und ein Antisemit zum Direktor ernannt. Die demokratischen Institutionen werden ausgehöhlt. Schutz für Minderheiten, wie etwa die Sinti und Roma gibt es in Ungarn nicht. Übergriffe werden vom Staat geduldet, die paramilitärische und faschistische „Magyar Garda“ ist zwar seit 2009 verboten, agiert aber dennoch unter anderen Namen weiter, mit Billigung der Regierung.
Demokratie ist ein lebendiges, das heißt ein alltäglich gelebtes und immer wieder neu zu justierendes System von checks and balances. Ein System, in dem durch Diskurs und Einfluss aller auf die Entscheidungen am Ende ein Ausgleich bzw. eine politische Mehrheit gesucht wird. Was in Ungarn stattdessen passiert, ist, dass all diese Verfahren entweder umgangen oder nur noch formal praktiziert werden und eine Partei sich den Staat und seine Institutionen zur Beute macht.
Aufgrund der immer weitergehenden Einschränkungen in Ungarn war auch ein Vertragsverletzungsverfahren anhängig, welches die Europäische Kommission eröffnet hat.
Mit der Einladung an einen hochrangigen Vertreter der Regierung Orban wird dieser die Gelegenheit gegeben sich im Rahmen eines Ereignisses, das ein Wahrzeichen der Demokratie ist, zu präsentieren. Dies ist ein Unding. Es reicht nicht aus, dass der Oberbürgermeister gegenüber dem Botschafter sein Unbehagen über die derzeitige Entwicklung ausdrückt. An dieser Stelle muss der Repräsentant eines Staates, der auf direktem Weg dazu ist, die Demokratie zu schädigen, ausgeschlossen werden.
Sollte Zoltan Balog tatsächlich auf dem Lichterfest sprechen, wird dieses Ereignis, das gerade für Leipzig so bedeutsam ist, zur Farce. "Mit meiner Anwesenheit wird dann nicht zu rechnen sein."