"Verheerende Symbolwirkung: Staat ist künftig ermächtigt zu entscheiden, welche Demonstrationen genehm sind"
Dresden. Zur Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Bautzen am heutigen 20. August, sämtliche Demonstrationen in der Stadt Leipzig zu verbieten, erklären Monika Lazar, Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus der Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, und Miro Jennerjahn, demokratiepolitischer Sprecher der Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen:
"Normalerweise steht es Politikerinnen und Politikern gut zu Gesicht, aufgrund der Unabhängigkeit der Justiz, Gerichtsurteile nicht zu kommentieren. Angesichts der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts weichen wir heute von dieser Praxis ab."
"Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, den Verbotsverfügungen der Stadt Leipzig vollumfänglich zu folgen, ist nicht einmal im Ansatz nachvollziehbar. Das Demonstrationsrecht ist ein grundgesetzlich geschütztes hohes Gut. Es dient in der Konzeption des Grundgesetzes, wie auch die übrigen Grundrechte, als Abwehrrecht gegen ungerechtfertigte staatliche Eingriffe in die Freiheit des einzelnen Menschen. Diese Grundkonzeption wurde vomOberverwaltungsgericht mit seiner Entscheidung in der Nacht von Freitag auf Samstag außer Kraft gesetzt."
"Die Symbolwirkung, die von diesem Urteil ausgeht, ist folgende: Künftig ist wieder der Staat ermächtigt, zu entscheiden, welche Demonstrationen ihm genehm sind und welche nicht. Es reicht, auf Grundlage von Mutmaßungen, eine Gefahrenprognose zu erstellen und einen polizeilichen Notstand zu konstruieren. Beweise brauchen nicht erbracht zu werden. Das erschüttert die Grundfesten von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Sachsen."
"Wir hoffen, dass die Anmelder der demokratischen Kundgebungen ernsthaft prüfen, den Weg vor das Verfassungsgericht zu beschreiten."