Bund-Länder-Europa Treffen gegen Rechtsextremismus
Das Bund-Länder-Europa-Treffen fand am 13.12.2010 von 12.30 bis 16 Uhr im Deutschen Bundestag statt. [Einladung lesen]
Diskutiert wurde die schwarz-gelbe Ausrichtung der Bundesprogramme gegen Rechtsextremismus. Für positiv wurde befunden, dass die Bundesregierung auch 2011 Mittel gegen Rechtsextremismus im Bundeshaushalt eingeplant hat. Doch die inhaltliche Gestaltung der Programme ist dringend überarbeitungsbedürftig.
Zu den Problempunkten, die besprochen wurden, gehört die undifferenzierte Förderung gegen Rechts- und Linksextremismus sowie Islamismus aus deinem Topf, unter Ignoranz und Leugnung sämtlicher qualitativer Unterschiede. Kopfschütteln herrschte angesichts der absurdesten Schrödersche Blüte, der Jungen Union Freizeitfahrten nach Berlin als Prävention gegen Linksextremismus zahlen zu wollen.
Dabei wird Geld dringend an anderer Stelle gebraucht, unter anderem bei den Beratungsnetzwerken. Dafür soll jedes Bundesland 250.000 Euro erhalten - zu wenig für eine Ausweitung gelungener ostdeutscher Modelle auf die alten Länder. Angesichts einer hohen rechtsextremen Kriminalität und Gewalt werden zudem dringend mehr Opferberatungsprojekte benötigt. Auch die vorhandenen Lokalen Aktionspläne erhalten eine degressive Förderung. Ein Ausgleich von Bundeskürzungen durch die Länder und Kommunen wird als schwierig angesehen. In Thüringen gibt es nicht einmal ein entsprechendes Landesprogramm, in anderen Bundesländern werden bei knappen Kassen Bereiche wie „Demokratieförderung“ häufig als erstes heruntergefahren.
Als weiterhin große Hürde für kleine Träger gilt auch die 50-prozentige Kofinanzierung bei der Förderung von Modellprojekten. Fazit: Statt das Geld für Kaffeefahrten und Propaganda gegen die vermeintliche Gefahr von links auszugeben, sollte die Anti-Nazi-Arbeit stabilisiert und ausgeweitet werden.
Einigkeit herrschte darin, dass der schwarz-gelbe Diskurs „Böse Nazis und böse Antifas“ zu verkürzt ist und nicht die tatsächlichen Probleme in der Gesellschaft abbildet. Bündnis 90/Die Grünen setzen sich deshalb für Bundesprogramme mit einem Fokus gegen Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und Demokratiefeindlichkeit ein.
Der Austausch über die Lage des Engagements unter den DemokratInnen ergab, dass vielfach sehr viel Resignation herrscht. Eine Einheit der DemokratInnen ist leider in den Fraktionen der Landesparlamente im Kampf gegen Rechtsextremismus oft nicht gegeben. Diese Uneinigkeit zeigte sich jüngst wieder angesichts der mittlerweile allseits bekannten, fatalen Debatte um die „Extremismusklausel“. Hierzu kommen verschiedene Signale aus den Ländern. So findet etwa der Innenminister Hövelmann aus Sachsen-Anhalt die Klausel unsinnig, während der sächsische Innenminister Ulbig sie in die Förderrichtlinien ausnehmen will. Wir brauchen jedoch einen Konsens bei der Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus, denn wenn sich die demokratischen Parteien gegeneinander wenden, stärkt dies letztlich rechtsextreme Bestrebungen.
Neben diesen grundlegenden Debatten erläuterte uns Ulrich Ballhausen von der Europäischen Jugendbildungs- und Jugendbegegnungsstätte Weimar (EJBW), wie sie 2011 versuchen wollen, die von Ministerin Schröder für nötig gehaltene Förderung gegen Linksextremismus als Projekt umzusetzen. Ihre Konzeption zielt darauf, demokratische Kompetenzen im Diskurs zu fördern. Was stärkt – was gefährdet Demokratie? – so die Leitfrage dieses Ansatzes. Fokus der Auseinandersetzung soll dabei auf der Schnittmenge von antidemokratisch, gewaltbereit und linksextremistisch liegen. Eine Gleichsetzung von Rechts- und Linksextremismus wies er jedoch entschieden zurück. [Kompetenzkonzept der EJBW: „Demokratische Kompetenzen im Diskurs fördern“ als PDF lesen]
Als grundsätzliche Frage blieb, ob es nicht anstelle solcher Sonderprogramme besser wäre, die Regelarbeit zivilgesellschaftlicher Träger stärker zu unterstützen. Denn die Sonderprogramme werden von vielen Trägern als zusätzliche Belastung wahrgenommen, die von den eigentlichen Kernaufgaben ablenkt.
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