Besuch verschiedener Flüchtlingsunterkünfte in Sachsen

Veranstaltungsbericht,16.12.2015

In den vergangenen Monaten besuchte ich verschiedene Flüchtlingsunterkünfte und soziale Einrichtungen für Geflüchtete in Sachsen. Den Auftakt bildete am 20. Oktober der Besuch der Erstaufnahmeeinrichting  in der Messehalle 4 in Leipzig.

Bis vor wenigen Tagen waren dort um die 1600 Personen dort untergebracht. Ein großes Problem stellt nach wie vor die Registrierung dar. Nach Leipzig kommen die Geflüchteten direkt aus Passau und haben bisher keinerlei Registrierung durchlaufen. Die einzige Erfassung erfolgt zunächst in der Datenbank des DRK. Die Geflüchteten bekommen eine Chipkarte, mit der sie sich an- und abmelden können, die sie bei der Essensausgabe und für die Spendenausgabe benötigen. Ansonsten gibt es zunächst tage- oder gar wochenlang keine Registrierung und gesundheitliche Untersuchung. Es ist auch völlig unklar, nach welchem Prinzip die Menschen zur Registrierung geschickt werden. Gerade die "dienstältesten" BewohnerInnen warten und kommen nicht dran. Das führt zu erheblichem Frust. Auch könnten unregistrierte Personen in andere Einrichtungen innerhalb Deutschlands oder auch in andere Länder weiter ziehen, ohne dass es bemerkt würde. Zudem ist es auch für die Geflüchteten eine große Gefahr, wenn sie längere Zeit unregistriert in Deutschland sind. Ein Verschwinden würde nicht bemerkt werden. Gerade Frauen und Kinder könnten dadurch gefährdet sein. Für Frauen gibt es in der Messehalle 4 einen separaten Gebetsraum, ansonsten kaum Privatsphäre.

In derselben Woche, am 22. Oktober, stattete ich auch der Erstaufnahmeeinrichtung in der Friederikenstraße einen Besuch ab. Der Unterschied zwischen einer echten Unterbringung mit sozialem Konzept und einer Notunterkunft (Halle 4) war augenfällig. Sicherlich ist auch die Friederikenstraße keine Luxusunterbringung: Die Zimmer sind klein, das Essen wird ebenfalls vom Caterer geliefert. Aber es gibt sehr viele sehr durchdachte Strukturen: Wäscherei, Kinderzimmer, Säuglingszimmer, von einer pädagogischen Fachkraft organisierten Deutschunterricht (teilweise durch EhrenamtlerInnen, teilweise durch die Pädagogin selbst) usw. Aktuell kommen deshalb in die Friederikenstraße auch alle Personen, die besonders schutzbedürftig sind (Schwangere, Säuglinge, Menschen mit Behinderung). Die beschriebenen Probleme in der Halle 4 mit der Registrierung gibt es in der Friederikenstraße grundsätzlich auch. Allerdings scheint dort alles sortierter abzulaufen. Wer zuerst da war, kommt in der Regel auch zuerst dran. Hier scheint die Kommunikation zwischen den Maltesern als Betreiber und Landesdirektion Sachsen als zuständige Behörde deutlich besser zu funktionieren.
Insgesamt sollte es das politische Ziel sein, die Notunterbringungen so schnell wie möglich zu beenden. Momentan geht es nicht ohne Improvisation. Aber man sollte politisch daran arbeiten, dass es anders wird, und der Landesdirektion genau auf die Finger schauen.

Im Oktober besuchte ich außerdem zwei psychosoziale Beratungsstellen für Flüchtlinge in Leipzig. Zunächst führte mich diese Thematik am Donnerstag, den 22.10. zum Caktus e.V.. Leider mussten wir im Gespräch erfahren, dass die Beratung über den Verein Caktus e.V. aktuell keinerlei Fördermittel, weder von der Stadt noch von Land oder Bund erhält und deshalb auch nur noch sehr eingeschränkt stattfinden kann.

Am 27.10 besuchte ich den Verein Mosaik Leipzig - Kompetenzzentrum für interkulturelle Dialoge e.V.. Der Verein bietet aktuell neben der Migrationsberatung für erwachsene ZuwenderInnen (MBE) auch eine Psychosoziale Beratung für Flüchtlinge (FB) an. Im Gespräch wurde die Bedeutung der Arbeit des Vereins deutlich, die in den kommenden Wochen und Monaten nochmals stark zunehmen wird. Die aktuell in Erstaufnahmeeinrichtungen untergebrachten Flüchtlinge werden in wenigen Monaten genau diese Beratung benötigen, damit die Wohnungssuche, die Integration in den Arbeitsmarkt und generell das Ankommen in der Gesellschaft gelingen kann. Daneben besteht bereits jetzt und in Zukunft noch verstärkt Bedarf an psychosozialer Beratung und auch Psychotherepie für Flüchtlinge. Sind erst einmal die elementaren Dinge geklärt, kommen häufig die traumatischen Erlebnisse an die Oberfläche, die lange verdrängt wurden. Hier braucht es geeignete psychologische Betreuung, die nicht von Laien, sondern nur von Fachleuten geleistet werden kann.

Weitere Informationen über die Arbeit des Vereins sind unter  www.mosaik-leipzig.de zu finden.

Während die Migrationsberatung über Bundesmittel gefördert ist, wird die psychosoziale Beratung beim Mosaik e.V. aktuell nur über Landesmittel ermöglicht. Das dafür zur Verfügung stehende Programm passt auch nicht ganz auf die Problemlagen und die Nachfrage, da aktuell nur Menschen mit einem Aufenthaltstitel die Möglichkeit der Beratung haben. Die Förderung läuft auch zum 31.12.2015 aus. Ich werde mich dafür einsetzen, dass die Förderung dieser Arbeit zukünftig auch über den Bund erfolgt und auch für Menschen im laufenden Asylverfahren offen steht. Zudem sollte die Förderung auch Mittel für die Finanzierung geeigneter Dolmetscher beinhalten. Die Anbindung an spezielle Kompetenzzentren wie den Mosaik e.V. ist zu begrüßen, wenn diese zumindest in den drei großen Städten Sachsens aufgebaut werden können.

Den letzten Besuch in diesem Jahr führte mich am 8. Dezember in die die kommunale Gemeinschaftsunterkunft und die Erstaufnahmeeinrichtung, beiden gelegen im Gewerbegebiet Dölzig, bei Schkeuditz im Norden von Leipzig. Anschließend trafen wir uns mit Ehrenamtlichen aus Schkeuditz und Dölzig. Ein Bericht dazu ist hier nachzulesen.