Podiumsdiskussion "Meine Mamas und Papas - Mitverantwortung sozialer Eltern stärken"

Veranstaltungsbericht, 20.6.2012

Wir leben in einer pluralistischen Gesellschaft, in der Menschen unterschiedliche Lebensformen wählen. Ein verheiratetes Paar mit Kindern, eine alleinstehende Mutter, eine Regenbogenfamilie mit zwei Müttern und zwei Vätern, eine Patchwork-Familie, in die der neue Partner des leiblichen Elternteils in die Erziehung des Kindes einbezogen wird, etc. Dies sind nur einige Beispiele, die alle Respekt verdienen und vom Staat möglichst gleich behandelt werden sollten.

Das sehr konservativ ausgestaltete deutsche Familienrecht hat in den letzten Jahrzehnten schon einige Veränderungen erfahren, ist aber immer noch stark am klassisch-konservativen Familienbild ausgerichtet, was fortbestehende diskriminierende Regelungen belegen. Um die Beziehungen von in Regenbogen- und Patchwork-Familien lebenden Kindern und deren sozialen Eltern abzusichern und zu verfestigen, haben wir das Positionspapier „Mitverantwortung sozialer Eltern stärken“ erarbeitet und ein neues familienrechtliches Institut der elterlichen Mitverantwortung entwickelt.
Am 20. Juni 2012 haben wir das Positionspapier „Mitverantwortung sozialer Eltern stärken“ mit Katja Dörner (MdB, Sprecherin für Familien- und Kinderpolitik), Brunhild Fischer (SHIA e.V.), Susanne Hampe (queerkids - Gruppe für Lesben und Schwule mit Kindern und/oder Kinderwunsch), und Martin Eschenburg (Vorstand Väteraufbruch für Kinder, Leipzig) unter der Moderation von Kathrin Darlatt (Gleichstellungspolitische Referentin, Stadt Leipzig) in Leipzig diskutiert. Zunächst wurde der Gedanke, vom klassischen Familienbild einmal abzurücken und die verschiedensten gelebten Familienkonstellationen in den Blick zu nehmen, von den PodiumsteilnehmerInnen begrüßt. Einzelne Aspekte wurden im Rahmen der Veranstaltung auch kritisch diskutiert bzw. für einzelne Punkte Weiterentwicklungsmöglichkeiten aufgezeigt.     

Kritisch angemerkt wurde bspw. die Möglichkeit, dass eine alleinsorgeberechtigte Mutter einen Antrag auf „elterliche Mitverantwortung“ eines neuen Lebensgefährten stellen kann und dadurch die Position des leiblichen Vaters weiter verschlechtert werden könnte. Hier wurde festgehalten, dass im Papier begrifflich noch klarer zwischen sorgeberechtigten und leiblichen Eltern differenziert werden muss und darüber nachzudenken ist, ob der nichtsorgeberechtigte, leibliche Elternteil in jedem Fall der elterlichen Mitverantwortung einer weiteren Person zustimmen muss.

Auch die Frage nach einer möglichen Unterhaltsverpflichtung des sozialen Elternteils wurde diskutiert. Zum einen könnte es so möglicherweise zu einer Verbesserung der finanziellen Situation des Kindes kommen, zum anderen kann sich auf diesem Weg die Gesellschaft noch weiter aus der Verantwortung zurückziehen. Gerade in einer Krisensituation könnte eine möglich Unterhaltsverpflichtung des sozialen Elternteils dazu führen, dass die Unterstützung des Kindes durch Unterhaltsvorschuss oder ALG II sich verzögern oder ganz entfallen würde.

Positiv hervorgehoben wurde, dass durch das neue Rechtsinstitut erstmalig die Möglichkeit geschaffen wird, dass in einer Regenbogenfamilie zwei Frauen sowie der leibliche Vater des Kindes gemeinsam an der Sorge beteiligt werden können. Bisher gibt es für lesbische Paare nur die Möglichkeit der Stiefkindadoption, durch die der leibliche Vater allerdings die rechtliche Beziehung zum Kind zwangsläufig verliert.

Resümee der Veranstaltung war, dass der Grundgedanke der elterlichen Mitverantwortung sozialer Eltern und die damit einhergehende Anerkennung verschiedener Familienmodelle durchaus richtig ist, die Regelungen im Detail aber sehr wohl überlegt sein müssen, um nicht an anderen Stellen Diskriminierungen hervorzurufen.

Positionspapier "MITVERANTWORTUNG SOZIALER ELTERN STÄRKEN"