Die Herstellung und Verbreitung von Bildern und Filmen über Vergewaltigung und anderen schwersten Missbrauch von Kindern gehören zu den widerwärtigsten Straftaten. Aber auch der Besitz solchen Materials ist zu Recht strafbar. Die Opfer erleiden physische und psychische Schäden, mit denen sie ihr ganzes Leben lang zu kämpfen haben. Auch die Darstellung und Verbreitung im Internet ist Teil des Missbrauchsgeschehens. Es muss Ziel staatlichen Handelns sein und bleiben, gegen diese schwerste Straftaten national wie international vorzugehen. Im Vordergrund müssen dabei die Verhinderung von Missbrauch, die Beschlagnahmung und Vernichtung kinderpornographischen Materials, die Verfolgung der Täter und die intensive Hilfe für die Opfer stehen.
Das Internet ist und war noch nie ein rechtsfreier Raum. Aus diesem Grund wird gegen die Anbieter und Nutzer kinderpornographischer Inhalte auch jetzt schon vorgegangen. Dies führt auch dazu, dass Angebote dauerhaft aus dem Netz entfernt werden, so dass sie auch auf Umwegen nicht mehr zugänglich sind, und dass gegen die Hersteller, Verbreiter und Besitzer Strafverfahren eingeleitet werden.
Die deutsche Internetwirtschaft arbeitet mit ihrer Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle (FSM) bereits seit vielen Jahren daran, die Verbreitung dieser schrecklichen Inhalte zu unterbinden. Im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit zwischen Beschwerdestellen und Behörden über das internationale Beschwerdestellen-Netzwerk INHOPE ist es in den vergangenen Jahren immer wieder gelungen, umfangreiche Verfahren einzuleiten und eine Vielzahl von Beschuldigten zu ermitteln.
Aber auch Kinderschutzvereine kämpfen erfolgreich gegen Kinderpornografie im Internet: Bei einem Versuch der Organisation CareChild, wurden die Anbieter von 20 Seiten mit mutmaßlichen Kinderpornographie-Seiten wegen dieser Inhalte angesprochen. Innerhalb von drei Tagen wurden 16 Angebote entfernt, bei drei weiteren wurde der Nachweis erbracht, dass es sich nicht um Kinderpornographie handelt.
Auch das staatliche Vorgehen gegen Kinderpornographie im World Wide Web hat in der Vergangenheit Erfolge gebracht. Kinderpornographische Angebote wurden aufgespürt, ihre Entfernung verfügt und Strafverfahren eingeleitet. Und es gibt jetzt schon das Mittel der richterlichen Sperrverfügung im Einzelfall, mit der Internet-Zugangs-Anbieter gezwungen werden können, durch technische Maßnahmen den Zugang ihrer Kunden zu bestimmten Internetangeboten zu verhindern.
Das Internet ist kein rechtsfreier, aber auch kein bürgerrechtsfreier Raum. Mit dem Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen werden nun aber täglich umfassende Sperrlisten vom Bundeskriminalamt eigenständig erstellt.
Die Wirksamkeit der geplanten Maßnahme wird von Experten stark angezweifelt und es besteht aus technischen Gründen die Gefahr des sogenannten „over-blocking“, es werden fast unvermeidlich auch gar nicht zur Sperrung vorgesehene Inhalte verborgen.
Die Bundesregierung zielt nach eigenen Angaben mit dem Gesetzentwurf vor allem auf Zufallsnutzer und Gelegenheitskonsumenten. Zufallstreffer und die gelegentliche Nutzung durch Uneingeweihte sind aber auch heute schon unwahrscheinlich. Denn die Anbieter von Suchmaschinen filtern ihrerseits illegale Inhalte heraus und verzichten auf die Auflistung von Links, die im Rahmen der Arbeit der Jugendschutzbehörden als nicht für Kinder und Jugendliche geeignet eingestuft werden.
Neben diesen grundsätzlichen Erwägungen zur Geeignetheit und Effizienz des Gesetzes stellt sich für mich entscheidend die Frage nach dem bürgerrechtlichen Flurschaden.
Die Liste wird vom Bundeskriminalamt erstellt und geheim gehalten. Dies ist, bei aller Notwendigkeit, den Missbrauch solcher Listen zu verhindern, in einem Rechtsstaat jedoch ein nicht akzeptables Mittel zur Prävention von Straftaten. Bisher schon können Zugangserschwerungen für Webseiten nach einem entsprechenden Verfahren im Einzelfall richterlich angeordnet werden. Das ist ein rechtsstaatliches Vorgehen und der Schwere des Eingriffs in die Kommunikationsfreiheit angemessen.
Das Gesetz bürdet zudem dem Bundesdatenschutzbeauftragten eine Kontrollaufgabe zu, die seine Unabhängigkeit in Frage stellt und die dieser selbst als den Aufgaben seines Amtes wesensfremd ablehnt.
Für das Gesetz gibt es keine gesetzgeberische Zuständigkeit des Bundes. Außer im Bereich des internationalen Terrorismus hat das Bundeskriminalamt keine Kompetenz der Gefahrenabwehr.
Der Aufbau einer umfassenden Sperrinfrastruktur bei den Internet-Zugangs-Anbietern zur Umsetzung der vom Bundeskriminalamt erstellten Liste birgt die Gefahr, zukünftig auch zur Sperrung anderer missliebiger oder angeblich strafbarer Inhalte verwendet zu werden. Das Gesetz als solches ermöglicht noch nicht eine verfassungswidrige Inhaltszensur, aber ich bin gegen die Schaffung von Infrastrukturen, die dazu möglicherweise in Zukunft missbraucht werden können.
Das Gesetz ist ein bürgerrechtlich schädlicher, unverhältnismäßiger und weitgehend unwirksamer Weg zur Bekämpfung von Kinderpornographie.
Deshalb stimme ich dem Gesetz nicht zu.