Persönliche Erklärung zur Abstimmung nach § 31 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestags von Chris Kühn, Monika Lazar, Peter Meiwald, Corinna Rüffer und Hans-Christian Ströbele.
zu Tagesordnungspunkt 12 der 106. Sitzung am Donnerstag, den 21. Mai 2015: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuss)
zu dem Antrag der Bundesregierung
"Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der EU-geführten Operation Atalanta zur Bekämpfung der Piraterie vor der Küste Somalias auf Grundlage des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen (VN) von 1982 und der Resolutionen 1814 (2008) vom 15. Mai 2008, 1816 (2008) vom 2. Juni 2008, 1838 (2008) vom 7. Oktober 2008, 1846 (2008) vom 2. Dezember 2008, 1851 (2008) vom 16. Dezember 2008, 1897 (2009) vom 30. November 2009, 1950 (2010) vom 23. November 2010, 2020 (2011) vom 22. November 2011, 2077 (2012) vom 21. November 2012, 2125 (2013) vom 18. November 2013, 2184 (2014) vom 12. November 2014 und nachfolgender Resolutionen des Sicherheitsrates der VN in Verbindung mit der Gemeinsamen Aktion 2008/851/GASP des Rates der Europäischen Union (EU) vom 10. November 2008, dem Beschluss 2009/907/GASP des Rates der EU vom 8. Dezember 2009, dem Beschluss 2010/437/GASP des Rates der EU vom 30. Juli 2010, dem Beschluss 2010/766/GASP des Rates der EU vom 7. Dezember 2010, dem Beschluss 2012/174/GASP des Rates der EU vom 23. März 2012 und dem Beschluss 2014/827/GASP vom 21. November 2014"
Drucksachen 18/4769, 18/4964
- Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
Drucksache 18/4976
Den Antrag der Bundesregierung lehnen wir ab und stimmen mit „Nein“. Wir halten den Einsatz der Bundeswehr im Golf von Aden und im ganzen Indischen Ozean politisch für falsch und nicht notwendig zum Schutz der Schiffe des Welternährungsprogramms vor Piraterie. Vor allem war er von Anfang an nicht das letzte mögliche Mittel, die Ultima Ratio, um die Schiffe zu schützen und Piraterie wirksam zu bekämpfen.
In der Begründung zum Mandat erklärt die Bundesregierung, dass die niedrige Zahl der versuchten Übergriffe auf Handelsschiffe eine Folge der ständigen Präsenz der Kriegsschiffe im Golf von Aden sei. Wie im Vorjahr wird diese Behauptung nicht belegt.
Es ist eine falsche Annahme. Denn „zivile“ Maßnahmen wie das Einhalten der so genannten „Best Management Practices“ (Fahren im Konvoi oder mit hoher Geschwindigkeit sowie die Absicherung von Reling und Außenbord, etwa durch Stacheldraht, und das Anbringen von Scheinwerfern) haben die Piratenangriffe verhindert. Die Bundesregierung hat bestätigt, dass kein einziges Schiff von Piraten aufgebracht wurde, das sich an diese Regeln gehalten hat.
Das gilt gerade auch für den Schutz der Schiffe des Welternährungsprogramms. In einem Gutachten des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik der Universität Hamburg wird empfohlen den Schutz dieser Transporte von Hilfsgütern und Nahrungsmitteln nach Somalia dadurch zu verbessern, dass das WFP mit besseren und schnelleren Schiffen ausgestattet wird.
Zum neunten Mal entscheidet sich der Bundestag nun schon für diesen Kriegseinsatz, der aber letztlich nur die Symptome der Piraterie bekämpft. Deren Ursachen hingegen, die man nur politisch angehen kann, werden immer noch weitgehend ignoriert. In Somalia herrschen Armut, Hunger, Gewalt und politische Unsicherheit. Ein Grund für Hunger und Armut ist die die Überfischung der Gewässer vor Somalia. Modern ausgestattete Fangflotten aus der EU, Japan oder Taiwan rauben den lokalen Fischern die Existenzgrundlage. Zusätzlich kommt es durch illegale (Gift-)Müllentsorgung vor der Küste Somalias zu massivem Fischsterben und Menschen erkranken.
Kriegsschiffe und Militäreinsätze sind nicht das richtige Mittel um die Piraterie und ihre Ursachen zu bekämpfen.
Atalanta beeinflusst auch die europäische Debatte darum, wie mit der Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer umgegangen werden sollte: Die EU-Kommission schlug jüngst vor, sich dabei an Atalanta zu orientieren. Dies zeigt die drohende Militarisierung der europäischen Flüchtlingspolitik.