Deutscher Bundestag 17. Wahlperiode 226. Sitzung. Berlin, Freitag, den 01. März 2013 - TOP 38.a) Beratung Antrag CDU/CSU, FDP
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die Debatte zum Internationalen Frauentag ermöglicht es uns, jährlich Bilanz über die Frauenpolitik der Bundesregierung zu ziehen. Als Erstes fällt mir da mein Lieblingssatz aus dem Bundesgleichstellungsbericht ein: Die Kosten des gegenwärtigen Nichtstuns übersteigen die einer zukunftsweisenden Gleichstellungspolitik bei weitem.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Caren Marks [SPD]: Sehr gut, Frau Kollegin! Der Satz!)
An das Nichtstun der Ministerin haben wir uns schon gewöhnt. Aber ich verzweifle immer noch daran, dass die guten Vorlagen wie der Bundesgleichstellungsbericht oder der Bericht zur Situation der Frauenhäuser, Fachberatungsstellen und anderer Unterstützungsangebote für gewaltbetroffene Frauen und deren Kinder nicht genutzt werden und stattdessen in den Regalen verstauben. Hier liegen Lösungsvorschläge, die die Ministerin ignoriert, ja, sie sind ihr noch nicht einmal der Rede wert. Das Grundgesetz gibt dem Staat einen deutlichen Auftrag, und der heißt nicht, nichts zu tun, sondern engagierte Konzepte zur Chefinnensache zu machen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Wenn wir uns aber die Frauenpolitik der Koalition der letzten Jahre anschauen, klafft da nur ein großes schwarz-gelbes Loch. Wir haben eine uninspirierte Ministerin, die selbst die positiven Denkansätze der Frauen in ihrer eigenen Fraktion, zum Beispiel zur Frauenquote, ausgesessen hat. Jetzt ist zu lesen, dass Sie nicht einmal mehr die Zahlen Ihrer unzureichenden Flexiquote gemeinsam mit den Unternehmen präsentieren wollen. Das sollen jetzt die Unternehmen alleine machen. Für mich ist das wirklich die endgültige Kapitulation.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Diese Woche erreichte uns Ihr Vorschlag bzw. Antrag zur Entgeltgleichheit. Da dachte ich: interessant. Nach dem Lesen war ich überrascht, dass die Koalition wahrscheinlich endlich einsieht, dass es tatsächlich geschlechtsspezifische Verdienstunterschiede gibt. Das ist schon mal ein großer Fortschritt. Denn vor einer Woche – wer bei der Anhörung zu den Vorschlägen der SPD und von uns Grünen zur Entgeltgleichheit anwesend war, weiß das – klang das noch völlig anders. Da wurde das Problem von den Abgeordneten und Sachverständigen der Koalition völlig verdrängt. Das Argument war immer nur: Die Frauen sind doch selber schuld.
(Nadine Schön [St. Wendel] [CDU/CSU]: Was?)
Im Antrag steht jetzt, dass sogar Erfahrungen aus dem europäischen Ausland mit gesetzlichen Regelungen zur Beseitigung der Ungleichheit ausgewertet werden sollen. Okay, aber wie sieht es mit der Umsetzung aus? Nein, nur Regelungen zur Transparenz sind geplant. Klar, alles andere wäre ja zu revolutionär. Nur nicht zu forsch werden! Wir Grünen haben ein Entgeltgleichheitsgesetz gefordert, in dem verbindliche Regelungen von den Unternehmen eingefordert werden. Bei diesen vorliegenden Vorschlägen hätten Sie sich in den letzten Jahren einfach Anregungen holen können. Aber der Antrag der Koalition ist wieder einmal nur mutlos.
(Caren Marks [SPD]: Peinlich ist das!)
Auch in den anderen Bereichen der Gleichstellungspolitik haben wir in den letzten Jahren umfassende Konzepte vorgelegt. In unserem aktuellen Antrag, der heute mit eingebracht wird, können Sie es nachlesen. Um mit einem Beispiel aus der Seefahrt zu enden: Dort markiert die Farbkombination schwarz-gelb die Untiefen und rot-grün das Fahrwasser.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
In diesem Sinne arbeiten wir Grüne weiter an einem Regierungswechsel; denn von der Koalition ist auch in Sachen Frauen- und Gleichstellungspolitik in den verbleibenden Wochen bis zur Wahl nichts mehr zu erwarten.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)