Rede, Deutscher Bundestag - 17. Wahlperiode - 165. Sitzung - 09.03.2012
Monika Lazar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Das Thema Quote wird in dieser Woche wieder sehr breit diskutiert. Trotz des Widerstands in der Koalition gibt es inzwischen eine breite Mehrheit, die sich für die Quote ausspricht,
(Jörg von Polheim (FDP): Nur nicht in der Bevölkerung!)
unter anderem bei der Frauen-Union und bei den Frauen in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Ministerin von der Leyen, die als einzige Ministerin hier zum Glück dabei ist, sagte erst kürzlich im Tagesspiegel: „Im Schneckentempo können wir nicht weitermachen“. Das ist richtig.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die EU-Kommissarin Reding ist mit ihrer Geduld am Ende und wird handeln. Auch die „Berliner Erklärung“, für die sich Frauen aus allen Fraktionen zusammengefunden haben und die Tausende von Unterschriften trägt, spricht, denke ich, eine eindeutige Sprache.
Die FDP ‑ das hat man auch heute wieder gesehen ‑ hat anscheinend große Angst vor der Quote.
(Otto Fricke (FDP): Da haben Sie eben nicht zugehört!)
Sie sollten sie ruhig einmal ausprobieren. Ich glaube, dann hätten Sie auch ein paar Probleme weniger.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Generalsekretär Döring beklagt, dass eine gesetzliche Quote ein Eingriff in das Eigentum der Aktionärinnen und Aktionäre wäre. Damit hat er recht. Aus gutem Grund würde der Gesetzgeber eingreifen: zum Schutz vor Diskriminierung.
Auch Herr Brüderle lehnt eine Quote ab. Zitat: „Frauen sind zu unterstützen, weil sie gut sind ‑ nicht weil sie Frauen sind“. Was ist denn das für ein Argument? Das zeigt wieder einmal, dass die FDP das Prinzip der Quote immer noch nicht verstanden hat.
(Marco Buschmann (FDP): Sie haben nicht verstanden, dass Ihre Theorien in der Wirklichkeit widerlegt werden!)
Wenn Sie allen Ernstes behaupten, eine Quote habe mit Leistung nichts zu tun, dann ignorieren Sie die wissenschaftlichen Ergebnisse zu den Leistungen von Frauen einerseits und ihren Aufstiegsmöglichkeiten andererseits. Wir müssen uns eben die besten Frauen aus dem Pool heraussuchen und dürfen nicht, als hätten wir Scheuklappen auf, nur auf die Männer setzen, die den meisten Unternehmen als Erstes einfallen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die Enttäuschung über die Frauen- und Geschlechterpolitik der Koalition sitzt tief. Selbst die dürftigen Ansätze der Frauenministerin werden von der FDP im Keim erstickt. So schrieb die taz am 5. März: „FDP muckt auf und Frau Schröder knickt ein“, und sie schrieb ferner von der FDP in Ignorantenhausen.
Womit die Ministerin allerdings regelmäßig die Medien bedient, sind Ankündigungen von Gesetzentwürfen. Wir erwarten, dass sie ihre Vorhaben zuerst mit dem Koalitionspartner bespricht, dann uns im Plenum informiert, sodass wir es hier diskutieren können. Es kann nicht sein, dass wir immer nur in der Zeitung etwas lesen und dann nichts passiert.
Auch die aktualisierten Zahlen aus dem Ministeriumsetat sprechen eine eindeutige Sprache. Besonders überrascht bin ich darüber, dass beim Titel „Gleichstellungspolitik in der Lebenslaufperspektive“ deutlich weniger ausgegeben werden soll als zunächst geplant. Sie haben doch erst gestern den Antrag zu diesem Thema eingebracht. Anscheinend ist das nicht mit Zahlen untermauert, oder Ihnen fällt nichts dazu ein.
Auch zur Flexiquote und zum Stufenplan der Ministerin ‑ so niedrig die Ziele darin auch sind ‑ ist im aktuellen Haushaltsentwurf nichts Passendes mehr drin. Sie untergraben mit den Zahlen also Ihre eigenen Vorhaben mit den ohnehin schon niedrigen Zielen. Das ist wirklich ein Trauerspiel.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Caren Marks (SPD) und Dr. Barbara Höll (DIE LINKE))
In dem Gleichstellungsbericht, den wir gestern mit diskutiert haben, heißt es sehr eindeutig:
Die Kosten der gegenwärtigen Nicht-Gleichstellung übersteigen die einer zukunftsweisenden Gleichstellungspolitik bei weitem.
Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis, und handeln Sie danach! Wir wollen nicht mehr länger darauf warten, dass es endlich einmal vorangeht.
Die Opposition handelt wieder einmal. Heute steht der Gesetzentwurf der SPD auf der Tagesordnung. Wir Grünen haben vor reichlich einem Jahr einen Gesetzentwurf zu den Regelungen bei Aufsichtsräten und danach noch einen Antrag zu den Regelungen bei Vorständen eingebracht. Auch von der Linksfraktion liegen Vorschläge vor. Ich denke, selbst wenn sich unsere einzelnen Vorschläge etwas unterscheiden, ist die Richtung doch die gleiche
(Caren Marks (SPD): Da kommen wir zusammen!)
Uns allen sollte klar sein: Freiwillige Vereinbarungen haben nichts gebracht. Die gläserne Decke lässt sich so einfach nicht durchbrechen. Ich rufe die Ministerin auf ‑ Herr Kues, richten Sie es ihr bitte aus, da sie heute nicht da ist; vielleicht kommt ja im Laufe der nächsten Monate doch noch etwas ‑: Wir müssen wirklich handeln; denn ‑ dies wurde schon angesprochen ‑ die meisten der Aufsichtsratsposten werden im nächsten Jahr neu besetzt. Deshalb ist es Zeit, in diesem Jahr etwas vorzulegen. Die Vorschläge der Opposition liegen vor. Suchen Sie sich etwas aus. Wir diskutieren gern im Detail darüber. Meine Bitte zum Schluss: Tun Sie endlich etwas!
Danke.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)