Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 221. Sitzung.
Berlin, Donnerstag, den 15. April 2021
Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen des Europarats vom 3. Juli 2016 über einen ganzheitlichen Ansatz für Sicherheit, Schutz und Dienstleistungen bei Fußballspielen und anderen Sportveranstaltungen Drucksachen 19/27413, 19/28127; Drucksache 19/28507
Monika Lazar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir begrüßen das Europaratsabkommen ausdrücklich. Es beinhaltet viele Verbesserungen. Deshalb werden wir dem Gesetzentwurf auch zustimmen. Warum das so viele Jahre gebraucht hat, fragen wir uns allerdings auch; es ist von verschiedenen Vorrednerinnen und Vorrednern schon angesprochen worden. Ich habe in den letzten Jahren mehrfach bei der Bundesregierung nachgefragt, wann er endlich in den Bundestag kommt. Im Juli letzten Jahres erhielt auch ich die Antwort: Das liegt an Corona. - Ich finde, das ist eine sehr seltsame Begründung, wenn man schon drei Jahre lang Zeit dafür hatte, in denen es noch kein Corona gab. Aber was soll's! Die Inhalte stimmen.
Mit dem Übereinkommen sollen Fußballspiele und andere Sportveranstaltungen noch sicherer gemacht werden; das ist gut. Besonders herauszuheben ist der Service- und Dienstleistungsansatz, der mit dem neuen Übereinkommen gestärkt werden soll. Die Regierungen werden explizit in die Pflicht genommen, die lokale Bevölkerung und auch Fanvertreter/-innen in eine proaktive und regelmäßige Kommunikation einzubinden, wenn es um die Planung von Sportveranstaltungen geht. Man merkt dem Papier an, dass Fanvertretungen wie Football Supporters Europe angehört wurden und deren Anregungen auch teilweise eingeflossen sind. Das Übereinkommen, über das wir heute abstimmen, ist also deutlich progressiver als das Vorgängerübereinkommen; das begrüßen wir.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Einige der Leitgedanken werden in Deutschland teilweise schon umgesetzt. Mit den Fußballfanprojekten haben wir ja hierzulande schon vorbildliche Strukturen, die auf Dialog zwischen allen Beteiligten im Fußball setzen. Sie vermitteln zwischen Fans, Vereinen, Verbänden und Polizei. Diese Erfahrungen sollten auch auf europäischer Ebene verstärkt genutzt werden. In Baden-Württemberg zum Beispiel wurden die Stadionallianzen eingeführt und die am Fußball beteiligten Akteure auf lokaler Ebene mit einbezogen.
Viele weitere Leitprinzipien des Übereinkommens sind in Deutschland allerdings noch nicht umgesetzt, auch wenn die Bundesregierung im Gesetzentwurf anderes behauptet. Eine umfassende Barrierefreiheit der Stadien ist bei Weitem noch nicht gegeben. Fans werden immer noch von der Polizei in ihrer Bewegungs- und Reisefreiheit bei An- und Abreise zu Fußballspielen eingeschränkt, und die Polizei sammelt weiterhin viel zu viele Daten von Fußballfans in der sogenannten Datei "Gewalttäter Sport"; das wurde schon angesprochen. Selbst während der Geisterspiele, bei denen keine Fans im Stadion sind, werden weiterhin Daten gesammelt, wie meine Anfragen dazu in den letzten Monaten gezeigt haben. Das ist wirklich absurd.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)
Wir sehen also: Es ist weiterhin viel zu tun. Das Übereinkommen bringt die Debatten aber hoffentlich weiter voran; denn Fußballfans sind nicht das Problem, sondern Teil der Lösung.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)