Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Bereits am Anfang dieser Wahlperiode haben die Oppositionsfraktionen verschiedene Anträge zur Finanzierung von Unterstützungsangeboten für von Gewalt betroffene Frauen vorgelegt. Die Koalition meinte zwar auch, dass generell etwas geändert werden müsse, aber man müsse zuerst den Bericht abwarten.
Letzten Herbst wurde er nach langer Verzögerung endlich vorgelegt, und auch vom Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe und von einem Bündnis der Wohlfahrtsverbände lagen Gutachten vor.
Alle Berichte kommen zu dem Ergebnis, dass das derzeitige Unterstützungsangebot überwiegend unterfinanziert ist. Bis heute ist aber leider keine Regelung gefunden, die garantiert, dass jeder von Gewalt betroffenen Frau bundesweit und zeitnah ein niedrigschwelliger Zugang zu Hilfe ermöglicht werden kann.
Dass die Bundesregierung im Anschluss an die Ergebnisse wieder nicht handelt, macht mich traurig und wütend zugleich. Das ist wieder ein guter Bericht, der in den Regalen des Ministeriums verstaubt.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)
Die Ergebnisse dürfen nicht kleingeredet werden, sondern müssen endlich zu einer Reform der Finanzierung führen. Die Ministerin kann sich nicht immer damit herausreden, dass sie mit der Freischaltung des Hilfetelefons eine wichtige Lücke im Hilfesystem geschlossen hat.
(Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie heißt die Ministerin nochmal?)
Was ist mit den anderen Lücken, die das Hilfesystem offensichtlich aufzeigt?
Schutzräume und Beratungsstellen vor Ort sind von zentraler Bedeutung für den nachhaltigen Erfolg des neuen Angebots. Lokale Strukturen müssen gestärkt werden, da der Hilfebedarf bei erfolgreicher Umsetzung des Angebots eines Hilfetelefons steigen wird.
Der Bund darf die Verantwortung nicht länger von sich weisen und muss sich endlich an der Reform der Finanzierung beteiligen;
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)
denn Gewalt an Frauen ist kein individuelles, sondern ein gesellschaftliches Problem. Wir dürfen die Frauen in dieser Situation nicht allein lassen.
Die Zuständigkeit für die Finanzierung muss neu festgelegt werden, statt die Neugestaltung durch Blockaden immer weiter nach hinten zu verschieben. Wir machen uns nicht nur gegenüber den Verbänden, sondern auch gegenüber den betroffenen Frauen unglaubwürdig, wenn wir nicht endlich zur Tat schreiten.
Wir Grünen fordern in unserem neuen Antrag eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die darauf hinwirkt, dass die Ausgestaltung und Finanzierung bundesweit geregelt werden. Alle Beteiligten müssen endlich an einen Tisch und endlich Verantwortung übernehmen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die Bundesregierung muss die Länder bei der Bedarfsplanung unterstützen. Qualitätsstandards müssen gemeinsam mit den Einrichtungen geschaffen, Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit muss mitgedacht werden. Die Mitarbeiterinnen müssen entsprechend ausgestattet und vor allem endlich auch tarifgerecht entlohnt werden. Bisher unzureichend ausgestattete Bereiche, wie die Betreuung von Kindern der betroffenen Frauen und die Arbeit mit Suchtkranken und psychisch Erkrankten, müssen besser berücksichtigt werden.
In der Bund-Länder-Arbeitsgruppe soll geprüft werden, ob eine neue Regelung über eine Entbürokratisierung der Leistungsansprüche nach SGB II oder SGB XII möglich ist oder ob sie unabhängig von diesen ausgestaltet werden muss.
Die Finanzierung über Tagessätze hat insbesondere bei kurzen Aufenthalten jedenfalls zu Problemen geführt. Nicht alle Frauen haben Anspruch auf Leistung nach dem SGB und müssen den Tagessatz für den Aufenthalt dann selbst aufbringen. Viele dieser betroffenen Frauen verfügen jedoch über kein eigenes Einkommen. Hier ist der bürokratische Aufwand zu hoch und verhindert eine sofortige Aufnahme der Frauen ins Frauenhaus.
Weiterhin ist zu prüfen, ob eine Neuregelung in einem eigenen Leistungsgesetz festgelegt werden sollte. Dadurch könnte den von Gewalt betroffenen Frauen und deren Kindern ein Rechtsanspruch auf Leistung verschafft werden. Diese Geldleistung würde dann gemeinsam von Bund, Ländern und Kommunen getragen werden. Die jeweiligen Anteile müssen miteinander verhandelt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die rechtlichen und haushälterischen Hürden stehen vor uns, sie sind aber mit politischem Willen zu überwinden.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Yvonne Ploetz (DIE LINKE))
Die neue Regierung wird jedenfalls den Willen aufbringen und in der nächsten Wahlperiode endlich für Lösungen sorgen.
Vielen Dank.