Rede zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes über die finanzielle Hilfe für Dopingopfer der DDR vom 02.06.2016

Bundestag, 173. Sitzung, 02.06.2016

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes über die finanzielle Hilfe für Dopingopfer der DDR (Zweites Dopingopfer-Hilfegesetz)


Monika Lazar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute stimmen wir über einen Gesetzentwurf ab, der auch mir persönlich sehr am Herzen liegt, nämlich das Zweite Dopingopfer-Hilfegesetz. Für uns Grüne ist es ein wichtiges Ergebnis, über das wir wirklich sehr froh sind. Selbstverständlich hätten wir uns dieses Gesetz schon sehr viel früher gewünscht, aber manchmal muss man eben etwas länger Überzeugungsarbeit leisten und die Koalition zu ihrem Glück zwingen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber besser spät als nie. Wir werden diesem Gesetzentwurf selbstverständlich zustimmen.
Die Politik hat also ihre Hausaufgaben gemacht. Anders sieht es leider beim organisierten Sport aus. Es ist ja von allen anderen Rednerinnen und Rednern schon angesprochen worden: Wir würden uns eine konkrete finanzielle Beteiligung des DOSB durchaus wünschen. Doch bis jetzt gibt es leider nur Sonntagsreden. Die Rede von DOSB-Präsident Alfons Hörmann beim Festakt am 20. Mai ist von Frau Freitag schon zitiert worden. Auch ich zitiere daraus, weil der vorherige Satz ebenfalls interessant ist:

Wir ... - sprich: der DOSB - ...haben schon vor zehn Jahren die Initiative ergriffen und mit Hilfe des Bundes und unter Einbeziehung des Herstellerunternehmens Jenapharm viele Dopingopfer entschädigen können. Jetzt sind wir froh, dass Bundesregierung und Bundestag eine weitere Entschädigungswelle durchführen wollen. Der DOSB hat diese Bemühungen auf politischer Ebene stets aktiv unterstützt.

Mit Verlaub, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich finde diese Aussage einfach nur dreist.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Nachdem sich die Politik zu einer Neuauflage entschieden hat, steht der DOSB immer noch auf der Bremse. Der Verein Doping-Opfer-Hilfe bezeichnet die Aussagen Hörmanns auch als "Offensivlügen". Ganz falsch ist das leider nicht. Aber es ist für den DOSB noch nicht zu spät. Vielleicht sollte man das zehnjährige Jubiläum, auch wenn es ein paar Tage oder Wochen her ist, noch nutzen, um die Dopingopfer nicht im Regen stehen zu lassen.

Aber auch wir sollten uns nicht zurücklehnen. Denn, so schön wie die Zahlungen sind, es sind Einmalzahlungen. Viele Opfer können jetzt erst daran teilhaben, weil sie bei der ersten Auflage 2003 nicht erfasst waren. Diese Entschädigungen sind für einige auch eine moralische Anerkennung des Unrechts, das ihnen in der DDR widerfahren ist. Deshalb bleibt für uns Grüne klar: Bleibende Schäden benötigen auch bleibende Hilfen. Wir bleiben daher dabei, dass wir uns eine Rentenzahlung für Schwerstfälle im DDR-Doping wünschen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dazu müssten die DDR-Dopingopfer nur mit ins SED-Unrechtsbereinigungsgesetz aufgenommen werden. Vielleicht lässt sich die Koalition ja noch zu diesem Schritt bewegen.

Zum Schluss möchte auch ich noch etwas zum Änderungsantrag der Linksfraktion sagen. Auf den ersten Blick klingt es nachvollziehbar. Allerdings können wir diesem Antrag nicht zustimmen. Natürlich gab es auch in Westdeutschland Doping, und das gibt es in ganz Deutschland heute noch. Dennoch ist es eine besondere Sache, wenn ein Staat Doping von oben verordnet. Der Staatsplan 14.25 des ZK der SED vom Oktober 1974 ist schon angesprochen worden. Für Westdeutschland wissen wir bisher noch nichts von einer flächendeckenden Dopinganordnung durch Politik oder Sport.

In den letzten Jahren wurde von Historikern der Begriff des systemischen Dopings in der Bundesrepublik bis 1990 verwendet. Das bedeutet Doping im kleinen Kreis und mit großen individuellen Varianten des Dopingmissbrauchs durch Sportler, Trainer und Mediziner. Noch gibt es keinen Beweis für ein staatlich verordnetes Doping. Aber glauben Sie uns: Wenn sich herausstellen sollte, dass es auch in Westdeutschland eine Dopinganordnung von oben gegeben haben könnte, wären wir sicherlich die Letzten, die sich von einem weiteren Entschädigungsfonds, dann für West-Dopingopfer bis 1990, nicht überzeugen lassen würden. Das müsste dann neu beraten werden.

Vielen Dank.