Tillich: Rechtsextremisten beschädigen das Bild Sachsens

Pressebericht, Leipziger Volkszeitung, 19.05.2017

Neue Ost-Studie sorgt für Aufregung / Forscher sehen Versäumnisse durch CDU

Berlin/Dresden. Wirbel um eine neue Studie des Göttinger Instituts für Demokratie- Forschung zum Rechtsextremismus in Ostdeutschland: In der gestern von der Ostbeauftragten der Bundesregierung, Iris Gleicke (SPD), in Berlin vorgestellten Analyse wird dem Osten generell und Sachsen ganz speziell ein großes Problem mit dem Thema attestiert. Die Wissenschaftler um den Parteienforscher Franz Walter hatten von Mai bis Dezember 2016 die Städte Freital und Heidenau sowie den Erfurter Stadtteil Herrenberg untersucht. Sie werfen der Sachsen-CDU Versäumnisse beim Kampf gegen Rechts vor.

Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) Sagte in Dresden, dass die Studie "nicht wirklich neue Erkenntnisse" liefere, sondern Botschaften des von der Staatsregierung in Auftrag gegebenen Sachsen- Monitormgs aus deiü Herbst 2016 wiederhole. Tillich betonte, dass es auch in anderen Teilen Deutschlands rechtsextreme Erscheinungen gebe. Er stellte zudem klar, dass sich die "große Mehrheit" auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung bewege und weltoffen sei. Bei den Rechtsextremen handele es sich um "eine kleine und hässliche Minderheit" , die das Bild Sachsens beschädige.

Sachsens CDU-General Michael Kretschmer reagierte empört auf die Studie. "Man muss sich mittlerweile ernsthaft fragen, ob die sogenannte 'Ost-Beauftragte' der Bundesregierung ihren Job noch richtig versteht", sagte der Görlitzer Bundestagsabgeordnete Michael Kretschmer. "Ihre Aufgabe sollte es eigentlich sein, als Stimme der Ost-Länder in der Bundesregierung dafür zu sorgen, dass sich der ökonomische und infrastrukturelle Aufholprozess beschleunigt."

Die Generalsekretärin der Sachsen- SPD, Daniela Kolbe, lobte dagegen die Arbeit der Forscher. "Es wird deutlich belegt, dass staatliches Handeln starken Einfluss darauf hat, ob Rechtsextremismus gedeihen kann oder nicht", sagte sie und schickte eine Empfehlung an den Regierungspartner gleich mit. "Diese Erkenntnis muss dringend im Freistaat und bei der seit 1990 regierenden sächsischen CDU ankommen und endlich ernst genommen werden. Passivität und falsche Zurückhaltung haben in der Vergangenheit großen Schaden angerichtet."

Hart mit der Sachsen-Union ging die Linke ins Gericht. "Die CDU hat die extreme Rechte im Freistaat ein Vierteljahrhundert lang groß gemacht", kritisierte Fraktionschef Rico Gebhardt. "Die Entwicklung einer normalen demokratischen Streitkultur wurde nach Kräften behindert. Alles was links von der Mitte stehe, wurde dämonisiert." Die Leipziger Bundestagsabgeordnete Monika Lazar (Grüne) nennt die Studie einen "Weckruf" und ein "Armutszeugnis" für die Landesregierung. "Die sächsische Union muss sich endlich von ihrer Wagenburgmentalität verabschieden", sagte sie. "Statt jene, die sich unter schwierigsten Bedingungen für die Demokratie einsetzen, als Nestbeschmutzer zu diffamieren, sollte sie jedes zarte Pflanzchen zivilgesellschaftlichen Engagements, insbesondere in ländlichen Regionen, hegen und pflegen", forderte Lazar.

Autoren: Andreas Debski, André Böhmer