Im letzten Moment untersagte das Oberverwaltungsgericht Bautzen
Kundgebungen von Neonazis und deren Gegnern.
von Matthias Hasberg
Leipzig - Die von der Polizei befürchteten gewalttätigen
Auseinandersetzungen zwischen rechts- und linksextremistischen
Demonstranten sind am Wochenende in Leipzig ausgeblieben. Die Stadt
konnte sich mit dem verhängten Demonstrationsverbot sowohl gegen die NPD
als auch gegen sämtliche Protestveranstaltungen durchsetzen, in der
Stadt blieb es am Wochenende ruhig, wie ein Polizeisprecher gestern in
Leipzig sagte. Ursprünglich hatte die NPD für Samstag zu einer
Kundgebung vor das Völkerschlachtdenkmal aufgerufen, dagegen
organisierten sich zahlreiche Protestgruppen.
Die Stadt hatte unter Verweis auf einen polizeilichen Notstand alle
Demonstrationen untersagt, das Oberverwaltungsgericht (OVG) Bautzen
bestätigte diese Verfügung am späten Freitagabend. Auch das eilig
angerufene Bundesverfassungsgericht hob diese Entscheidung "aus
Zeitgründen" nicht mehr auf. Die Stadt hatte mit mehreren Tausend
Demonstranten gerechnet, darunter Hunderte Gewaltbereite aus dem rechten
und linken Spektrum.
Die Grünen sprachen von einer nicht nachvollziehbaren Entscheidung des
Oberverwaltungsgerichts. Das Demonstrationsrecht sei ein grundgesetzlich
geschütztes hohes Gut. Von dem Urteil gehe die Symbolwirkung aus, dass
der Staat wieder ermächtigt sei, "zu entscheiden, welche Demonstrationen
ihm genehm sind und welche nicht". Es reiche, auf Grundlage von
Mutmaßungen, eine Gefahrenprognose zu erstellen und einen polizeilichen
Notstand zu konstruieren, ohne Beweise zu erbringen. "Wir hoffen, dass
die Anmelder der demokratischen Kundgebungen ernsthaft prüfen, den Weg
vor das Verfassungsgericht zu beschreiten", sagten Monika Lazar von der
Grünen-Bundestagsfraktion sowie der demokratiepolitischer Sprecher der
sächsischen Landtagsfraktion, Miro Jennerjahn.
Nach dem ergangenen Verbot war am Wochenende zur Sicherheit vor allem im
Stadtzentrum und rund um den Hauptbahnhof Bereitschaftspolizei aus fast
allen Bundesländern im Einsatz, vereinzelt wurden Personalien
kontrolliert. Die Lage sei so ruhig gewesen, dass sogar eine kurzfristig
vom Aktionsbündnis "Leipzig nimmt Platz" angemeldete Demonstration mit
rund 200 Teilnehmern genehmigt werden konnte, sagte ein Polizeisprecher
weiter. Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) dankte allen, die sich "im
Vorfeld so deutlich gegen die NPD-Kundgebung ausgesprochen haben".
Nach der Absage des NPD-Aufmarsches wichen die Neonazis laut Polizei am
Samstagnachmittag auf das Privatgelände eines sächsischen
NPD-Landtagsabgeordneten in Mutzschen bei Leipzig aus. Dort sollte ein
"Grillfest mit Musik" stattfinden. Zu dem Treffen reisten laut Polizei
rund 100 Neonazis an. (dapd)
Bildtext: Sicher ist sicher: Die Polizei überwacht das
Demonstrationsverbot vor dem Leipziger Völkerschlachtdenkmal. - Foto:
Sebastian Willnow/dapd
Publikation Freie Presse
Lokalausgabe Chemnitzer Zeitung
Erscheinungstag Montag, den 22. August 2011
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