Portal zur Faschingszeit: Politiker-Wettbewerb im Internet

Pressebericht, Döbelner Allgemeine, 16.02.2012

von Kathrin König

Mittelsachsen. Politiker haben ein schlechtes Image, bei Bürgerbefragungen liegt ihr Ansehen weit hinter dem von Journalisten, Mitarbeitern von Werbeagenturen und der Telekom. Dem wollte ein britischer Jungunternehmer nicht tatenlos zusehen und stellte den ersten Schönheitswettbewerb für den Deutschen Bundestag online. Auf der Seite sexybundestag.de fragt Francis Boulle seit einem halben Jahr die Nutzer: „Mit welchem Politiker oder welcher Politikerin würden Sie lieber...?“ Damit verlangt der 23-jährige Engländer eine Entscheidung zwischen zwei Politikerfotos: „Wählen Sie“.

Statt auf Fachkompetenz, Erfahrung im Amt oder Einsatz für den Wähler zählen allein Optik und Sex-Appeal.

Wer Geschlechterdiskriminierung ablehnt, kann auch nur männliche oder weibliche Abgeordnete anklicken. Der Brite wolle niemandem zu nahe treten, sondern dazu beitragen, die Politiker im Land bekannter zu machen.

Die ersten 68 Plätze der Gesamtliste belegen ausschließlich Bündnisgrüne Politiker. Den Grünen dicht auf den Fersen ist Veronika Bellmann (CDU).

Weit abgeschlagen dagegen im dreistelligen Bereich rangiert Kanzlerin Angela Merkel. Veronika Bellmann hält die Aktion für „ganz witzig und unterhaltsam, aber oberflächlich. Mir wäre es lieber, Politiker würden durch Bewertung ihrer Arbeit bekannter gemacht, als durch Attraktivität oder Sexappeal“.

Was ausgerechnet einen Briten veranlasst Abgeordnete des Bundestages bekannter machen zu wollen, fragt sie sich ernsthaft. „Wenn er damit demonstrieren wollte, dass deutsche Politiker im langweiligen Alltagsgrau versinken, hat er sich wohl geschnitten. Natürlich kann ein Bild oft mehr aussagen als 1000 Worte. Gesichtsausdruck, Körpersprache, angemessene Kleidung verraten einiges übers Selbstverständnis und den Charakter eines Menschen - aber eben nicht alles. Und schon lange nicht, ob er mit seiner Arbeit zum Volksvertreter taugt oder nicht.“

Eine Volksvertreterin aus Sachsen liegt noch vor Veronika Bellmann. Die Bündnisgrüne Monika Lazar aus Leipzig, die Sachsens Grüne in Berlin vertritt.

„Da ich die Liste selber nicht verfolgt habe, weiß ich nicht, wo meine grünen KollegInnen 'gelandet' sind“, sagt die Sprecherin für Frauenpolitik. Ob durch diese Aktion Abgeordnete bekannter geworden sind, wie es der Erfinder vorhatte, vermag Lazar nicht zu beurteilen. Einfluss auf Debatten oder das Aussehen von Abgeordneten konnte die Leipzigerin nicht feststellen. Sie hält den Wettbewerb für eine „eher eine kurzfristige und kurzweilige Ablenkung vom stressigen politischen Alltag“...

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Quelle: www.doebelner-allgemeine.de