Matthias Puppe / Ines Christ
Leipzig. Bei den Hausdurchsuchungen am vergangenen Freitag in mehreren Leipziger Stadtteilen hat die Polizei Betäubungsmittel im Wert von etwa 60.000 Euro sicher gestellt. Das erklärte Ricardo Schulz, Sprecher der Staatsanwaltschaft, am Montag gegenüber LVZ-Online. „Es wurden insgesamt etwa zwölf Kilogramm Marihuana und Haschisch sowie kleinere Mengen anderer Drogen gefunden – drei Viertel davon in der Connewitzer Stockartstraße“, sagte Schulz und fügte an: „Zudem wurden im Zusammenhang mit der Maßnahme verschiedene Gegenstände sicher gestellt, die nun auch waffenrechtlich untersucht werden.“
Von den vier Personen, die bei den Razzien festgenommen wurden, saßen am Montag noch zwei 36-jährige Männer in Untersuchungshaft. Bei beiden Personen werde geprüft, ob ein Handeltreiben mit Betäubungsmitteln unter Verwendung von Waffen zur Last gelegt werden kann, hieß es. In diesem Fall ist laut Gesetzgeber ein Strafmaß von mindestens 5 Jahren und bis zu 15 Jahren möglich, so Schulz.
Der Staatsanwalt zeigte sich grundsätzlich zufrieden mit der Aktion in Connewitz. „Das war ein Erfolg, wenn man bedenkt, dass ein Drogenumschlagplatz ausgehoben wurde. Jeder sollte froh sein, dass ein solcher Platz im Schutze eines Wohngebiets, neben einem Kindergarten, bereinigt wurde“, sagte Schulz, der angesichts von wachsender Kritik aber auch von unglücklichen Begleitumständen der Hausdurchsuchung im alternativen Stadtteil sprach.
Kritik am Einsatz in Connewitz - Machtdemonstration der Polizei?
Mehrere Hundertschaften der Polizei waren hier zur Absicherung der Aktion unter anderem in einen angrenzenden Kindergarten eingedrungen und hatten dabei Kinder, Eltern und Erzieher mit ihrem Auftreten in Angst versetzt. Der parteilose Politiker Dirk Feiertag empfahl den Eltern der Kinder deshalb am Montag, sich bei den Ermittlern zu beschweren. „Das Vorgehen der Polizei ist eklatant rechtswidrig! Nach den mir vorliegenden Erkenntnissen gab und gibt es keine richterliche Anordnung, die den Beamten erlaubte, die Kindertagesstätte zu betreten“, erklärte Feiertag, der zur Oberbürgermeisterwahl 2013 unter anderem für die Piratenpartei antritt, auf seiner Webseite.
Stadträtin Juliane Nagel (Die Linke) stellte die Art und Weise des Auftretens der Polizei am vergangenen Freitag im alternativen Stadtteil grundsätzlich in Frage. „Die Landesbehörde erzeugt mit dem außergewöhnlichen Einsatz ein irreales Bild des Stadtteils Connewitz als Hort von Gewalttätern und Kriminellen. Fast lässt sich der Eindruck gewinnen, als wenn mit dieser Aktion die Staffelstab-Übergabe des in den OBM-Wahlkampf scheidenden Polizeipräsidenten Horst Wawrzynski an seinen Nachfolger Bernd Merbitz medienträchtig demonstriert wurde“, erklärte Nagel.
Uwe Voigt, Sprecher der Leipziger Polizei, wies die Mutmaßungen gegenüber LVZ-Online entschieden zurück. „Ich kann klar sagen, dass weder Bernd Merbitz, noch Horst Wawrzynski daran ihren Anteil haben. Es war eine rein kriminaltechnische Aktion, die Ermittlungen dazu laufen bereits seit Monaten“, sagte Voigt und fügte an: „Der Grund war auch nicht, dass wir Macht demonstrieren wollten, sondern wir wollten die Aktion in Ruhe durchführen können.“
Das bezweifelt Bundestagsabgeordnete Monika Lazar (Bündnis 90/Die Grünen) in einem Schreiben am Montag. „Hausdurchsuchungen werden in der Regel nicht am helllichten Tag durchgeführt und nicht mit Unterstützung einer ganzen Hundertschaft. Sofern die Polizeiführung nicht die Gründe darlegt, warum von der üblichen Routine einer Hausdurchsuchung abgewichen wurde, ist davon auszugehen, dass es hier vor allen Dingen um eine Machtdemonstration ging“, erklärte Lazar.
Nach Ansicht der Grünen-Politikerin war der Einsatz in Connewitz auch in seinem Umfang überzogen. Laut Polizeisprecher Uwe Voigt waren die Hundertschaften zur Absicherung der ermittelnden Beamten aufgrund der örtlichen Situation im Stadtteil angebracht. „Zur Eigensicherung unserer Beamten war eine solche Präsenz notwendig, denn im dortigen Umfeld ist es schließlich schon häufig zu Angriffen auf Beamte gekommen“, erkärte Voigt gegenüber LVZ-Online. Auch Ricardo Schulz pflichtete Voigt bei. "Wir brauchten in dem relativ großen Objekt in der Stockartstraße auch einen entsprechenden Aufwand, damit die Maßnahme ein Erfolg wird“, sagte Schulz. Die tatsächliche Einsatzplanung sei aber Sache der Polizei gewesen.
Die Polizeidirektion Leipzig verteidigte am frühen Montagabend noch einmal in einer Mitteilung das Vorgehen. Während der Durchsuchung in der Stockartstraße hätten die eingesetzten Beamten festgestellt, "dass aus einem angrenzenden Gebäude Gegenstände auf das Nachbargrundstück des Kindergartens in der Biedermannstraße geworfen wurden". Da der Verdacht bestand, dass Beweismittel vernichtet oder weggebracht werden sollen, sei sofortiges Handeln notwendig gewesen. In dieser kurzen Zeit habe das Grundstück nur über den Hof des Kindergartens betreten werden können. Die Einsatzkräfte - Beamte der Bereitschaftspolizei - hätten die Betreuerin "über die Maßnahmen informiert" und gebeten, die Kinder nicht mehr draußen spielen zu lassen und sie zu beruhigen. Das SEK sei nicht an dem Einsatz beteiligt gewesen, betonte die PD Leipzig.
Mit der Leitung und dem Träger des Kindergartens sei am Montag Kontakt aufgenommen und der Hintergrund der polizeilichen Maßnahmen erläutert worden, hieß es in der Mitteilung weiter.
Quelle: www.lvz-online.de