Rückschlag für Familienministerin Kristina Schröder: Das Verwaltungsgericht Dresden hat die von ihr eingeführte Extremismusklausel für rechtswidrig erklärt. Die Opposition in Bund und Land fordert die Ressortchefin auf, den umstrittenen Passus umgehend zu streichen.
Dresden - Die seit langem umstrittene Extremismusklausel steht vor dem Aus. Das Verwaltungsgericht Dresden hat den Passus, den Initiativen gegen Rechts für Fördergelder des Bundes unterzeichnen sollen, für rechtswidrig erklärt. Einzelne Passagen seien zu unbestimmt, begründete das Gericht am Mittwoch seine Entscheidung. Die seit langem umstrittene Klausel verpflichtet Initiativen, sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu bekennen.
Die sächsischen Richter gaben damit als erstes deutsches Gericht der Klage eines Vereins gegen die Regelung statt. Das Alternative Kultur- und Bildungszentrum Pirna (Akubiz) hatte gegen die Klausel geklagt, die im vergangenen Jahr von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) eingeführt worden war.
Der Verein hatte beim Landkreis 600 Euro aus einem Programm des Bundesfamilienministeriums beantragt, um mit einem Flyer an ein früheres Außenlager des KZ Flossenbürg in Königstein zu erinnern. Das Geld wurde unter der Voraussetzung bewilligt, dass der Verein zuvor die Extremismusklausel unterschrieb. Das Akubiz sollte demnach auch bestätigen, im Rahmen seiner Möglichkeiten und auf eigene Verantwortung dafür Sorge zu tragen, dass die ausgewählten Partner sich ebenfalls den Zielen des Grundgesetzes verpflichten. Das lehnte der Verein ab und erhielt somit kein Geld. Der Widerspruch gegen die Entscheidung wurde abgelehnt.
Die Richter erklärten dazu, es sei unklar, wer "Partner" sei und welches Verhalten dem Verein konkret abverlangt werde. Die Klage richtete sich gegen den Landkreis Sächsische Schweiz - Osterzgebirge, der vor Ort für die Auszahlung von Fördergeldern des Bundes zuständig ist. Das Gericht ließ wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Urteils die Berufung zu, in nächster Instanz muss sich nun das sächsischen Oberverwaltungsgericht mit der Sache beschäftigen.
Heftige Kritik an Kristina Schröder
Über die Extremismusklausel wird seit Monaten gestritten. Der Berliner Rechtswissenschaftler Ulrich Battis nannte die Klausel in einem Gutachten "verfassungsrechtlich bedenklich". Auch der Anwalt des Pirnaer Vereins, Robert Uhlemann, sah in der Regelung einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot. Niemand dürfe wegen seiner politischen Ansichten benachteiligt werden: "Nichts anderes macht aber die Klausel."
Der Akubiz-Vorsitzende Steffen Richter zeigte sich erfreut über das Urteil. "Die Extremismusklausel ist eine aktive Behinderung der wichtigen Arbeit gegen Rechts vor Ort", erklärte Richter. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus forderte die zuständige Ministerin Schröder auf, "diese rechtswidrige Klausel sofort zurückzunehmen."
Auch SPD, Linke und Grüne haben das Urteil begrüßt. Der Richterspruch sei eine deftige Niederlage für die Bundesfamilienministerin, erklärten die Grünen-Bundestagsabgeordnete Monika Lazar und ihr sächsischer Abgeordnetenkollege Miro Jennerjahn am Mittwoch.
Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) erklärte, Schröder habe mit der Klausel das Vertrauen in das demokratische Engagement der Bürger ins Gegenteil verkehrt und sie unter den Generalverdacht der Verfassungsfeindlichkeit gestellt.
Die sächsische SPD-Fraktion forderte Landesinnenminister Markus Ulbig (CDU) auf, nun rasch Konsequenzen zu ziehen. Die "Gesinnungsschnüffelei" müsse endlich ein Ende haben.
Quelle: www.spiegel-online.de