Zu den geplanten Kürzungen im Bundesprogramm "Demokratie Leben!"

Pressemitteilung, 11.10.2019

Erklärung von Monika Lazar, Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus, und Filiz Polat, migrationspolitische Sprecherin, zur von Bundesministerin Giffey medial angekündigten Rücknahme der Kürzung von 8 Millionen Euro beim Bundesprogramm "Demokratie Leben"

Wir begrüßen, dass Ministerin Giffey nach vielfältigen Protesten eine Rücknahme der geplanten Kürzung um 8 Millionen medial in Aussicht gestellt hat und hoffen, diese wird auch tatsächlich erfolgen.

Aber eine Rücknahme der Kürzung genügt nicht. Die Zukunft für die demokratische Zivilgesellschaft, die sich tagtäglich gegen Rassismus und andere gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit einsetzt, bleibt unsicher. Das ist inakzeptabel und fatal, gerade auch vor dem Hintergrund der immer wieder massiven rechten Gewalt. Mit den schrecklichen Verbrechen in Halle ist einmal mehr deutlich geworden, wie dringend präventive Maßnahmen sind. Von „Demokratie Leben“ geförderte Projekte setzen sich proaktiv gegen Rassismus und für eine plurale Demokratie ein. In Zeiten wie diesen darf die Bundesregierung diesen Projekten keine Steine in den Weg legen oder sie ewig in der Schwebe lassen, sondern muss sie stärken und finanziell vermehrt fördern.

In ihrem Haushaltsentwurf für 2020 tut sie aber das Gegenteil. Das aktionistische mediale Versprechen, die Kürzung für nächstes Jahr nun doch noch zurückzunehmen, wirkt planlos und wie reine Symbolpolitik. Denn das Problem wird damit nur auf nächstes Jahr verschoben. Zudem droht durch die tiefgreifenden Umstrukturierungen im Programm weiterhin unzähligen Modellprojekten das Aus. Gerade in den betroffenen Organisationen arbeiten seit vielen Jahren Expertinnen und Experten auf hohem qualitativem Niveau, die für die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts unverzichtbar sind. Die Kürzungen für Selbstorganisationen der von Rassismus betroffenen Personen, insbesondere für Migrant*innenorganisationen sowie Rom*nja- und Sinti*zze-Projekte, sind sehr einschneidend. Einerseits wird von ihnen erwartet, dass sie wie eine Art „Feuerwehr“ stets einsatzbereit sind, andererseits werden ihnen die Fördermittel gestrichen.

Staat und Gesellschaft müssen proaktiv Rassismus und Diskriminierung im Alltag und in den Institutionen entgegenwirken - gerade in Zeiten, in denen das gesellschaftliche Klima nach rechts abdriftet. Es braucht mehr denn je eine ausreichende und dauerhafte Bundesförderung für bewährte und erfolgreiche zivilgesellschaftliche Initiativen. Nur so können diese sich nachhaltig und langfristig für Partizipation, Vielfalt, Freiheit und Menschlichkeit einsetzen. Es ist Aufgabe aller demokratischen Kräfte, Hass und Hetze entgegenzuwirken.

Wir fordern die Koalitionsfraktionen eindringlich dazu auf, die dafür erforderlichen Mittel ausreichend und nachhaltig zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus brauchen wir endlich ein Demokratiefördergesetz, um die immer wieder abbrechende kurzfristige Modellförderung zu überwinden und verlässliche Strukturen vor Ort zu sichern. Anstatt der immerwährenden Lippenbekenntnisse der Bundesregierung  erwarten wir, dass sie in Bezug auf eine bundesgesetzliche Grundlage endlich Wort hält und handelt.