Dem Gefahrenpotenzial demokratisch entgegenwirken

Information, 03.04.2012

Rechtsextreme Frauen spielen in der Neonazi-Szene eine bedeutsame Rolle. Sie stabilisieren einerseits als Mütter und Partnerinnen von Neonazis die Szene nach innen. Andererseits verschaffen sie sich in der Öffentlichkeit auch als eigenständige Akteurinnen eine Stimme. Auch wenn sie seltener körperliche Gewalt ausüben, sind sie hinsichtlich der rechtsextremen Weltsicht nicht weniger fanatisch. Subtil und scheinbar sozial motiviert unterstützen weibliche Neonazis die rechtsextreme Strategie der kommunalen Verankerung durch viele pädagogische und kulturelle Aktivitäten in ihrem Umfeld. Dennoch bleibt für die Mehrheit der rechtsextremen Frauen die „eigentliche Berufung“ die Mutterschaft. Das Geschlecht wird rein biologistisch begründet, woraus sich ein naturalistisches Rollen- und Machtverhältnis zwischen Männern und Frauen ergibt.

Die Hoffnung, Rechtsextreme würden aus der Szene aussteigen, wenn sie Familien gründen, hat sich als Trugschluss erwiesen. Zunehmend bilden junge Leute aus der rechtsextremen Szene „nationale Familien“, die sie als Keimzelle des Volkes verstehen. Rechtsextreme versuchen, Vorurteile und Ängste populistisch zu nutzen und völkisch zu färben. Anknüpfungspunkte dazu, wie etwa rassistische Ressentiments, Islamfeindlichkeit, Homophobie, eine Abwertung von Armen oder Widerstände gegen eine volle Gleichstellung der Geschlechter, finden sich auch jenseits der rechtsextremen Lebenswelt. Rechtsextreme Frauen nutzen zudem bürgerliche „Andockstellen“, die herkömmlich nicht mit Rechtsextremismus verknüpft werden, um Einfluss auszuüben. Sie melden sich in der Ökodebatte zu Wort, fordern gesunde Nahrung für gesunde (deutsche) Kinder, engagieren sich für Naturschutz, Freizeitveranstaltungen vor Ort oder gegen Gentechnik. Dies gelingt ihnen besonders dort, wo nicht-rechte Angebote fehlen und demokratische Institutionen auf dem Rückzug sind. Die völkische Komponente der Argumentationsmuster verhindert zwar eine Breitenwirkung. Rechtsextreme Wahlerfolge und eine rechte Gewaltstatistik auf hohem Niveau sind jedoch Alarmsignale für die Abwendung vieler Menschen von der Demokratie.

Es braucht daher:

  • Fördermittel für praxisorientierte Forschungsprojekte zum Rechtsextremismus unter Genderaspekten zur Entwicklung einer geschlechterreflektierten Präventionsarbeit,
  • Maßnahmen zur Förderung einer fachbereichsübergreifenden Zusammenarbeit zwischen politischen, pädagogischen und zivilgesellschaftlichen Akteuren,
  • genderreflektierte Ausstiegsprogramme, die stärker auf die spezifischen Probleme von Frauen und Familien beim Verlassen der Neonazi-Szene zugeschnitten sind,
  • eine geschlechtsspezifische Ausrichtung von Präventionsstrategien in den Förderprogrammen des Bundes,
  • eine Sensibilisierung und Schulung für Wortergreifungsstrategien und die Genderspezifik im Rechtsextremismus in den Ausbildungsgängen pädagogischer Berufe,
  • qualitativ hochwertige Fortbildungen zur Genderspezifik im Rechtsextremismus für Justiz, Polizei, Jugendämter und Jugendkultureinrichtungen,
  • pädagogische Ansätze für den Umgang mit Kindern aus Familien mit rechtsextremer Weltanschauung („nationale Familien“),
  • eine Vernetzung von Schulen und Einrichtungen der Jugendhilfe, die in ihrer Arbeit persönlichen Zugang zu rechtsextremen Familien haben,
  • vielfältige regionale Jugendangebote, um Mädchen und Jungen demokratische Lebensweisen nahezubringen und Alternativen aufzeigen zu können.

Quelle: www.gruene-bundestag.de