Seit dem Ende der rot-grünen Koalition hat die Bundesregierung keine adäquaten Versuche unternommen, um Migrantinnen, die von Zwangsverheiratungen bedroht oder betroffen sind, zu helfen. Frauen- und Migrantinnenorganisationen hatten versucht, eigenständige Aufenthaltsrechte und wirksame Rückkehrrechte zum Schutz von Migrantinnen zum Gegenstand des Nationalen Integrationsprogramms zu machen – ohne Erfolg. Denn insbesondere die Union lehnte Gesetzesänderungen immer kategorisch ab. Als einziges Zugeständnis wurden Änderungen an den Verwaltungsvorschriften vorgenommen. Dies ist jedoch unzureichend, denn für die Betroffenen begründen Verwaltungsvorschriften keine subjektiven Rechte. Und für die Gerichte sind sie ebenfalls nicht bindend. Deswegen haben wir Grünen immer gesetzliche Änderungen gefordert.
Der jetzt vorgelegte schwarz-gelbe Gesetzentwurf ist geradezu peinlich: So soll im Ausland zwangsverheirateten Migrantinnen die Wiedereinreise nur bei einer günstigen Integrationsprognose (!) erlaubt werden. Gleichzeitig will Schwarz-Gelb die Ehebestandszeit für ein eigenständiges Aufenthaltsrecht von ausländischen Ehegatten von zwei auf drei Jahre verlängern. Ein mieser "Kuhhandel", so TERRE DES FEMMES: "Schon heute bleiben viele misshandelte Migrantinnen aus Angst vor einer Abschiebung in einer ungewollten und gewalttätigen Ehe. Jetzt soll dieses Martyrium auch noch verlängert werden“.
Wir Grünen
- schlagen – erstens - insgesamt neun Änderungen im Aufenthaltsgesetz und dem Zivilrecht zum Schutz von Migrantinnen vor.
- Zweitens fordern wir die Bundesregierung auf, intern (nach britischem Vorbild) eine Steuerungseinheit „Zwangsverheiratungen“ zu gründen.
- Und schließlich sollte eine dauerhafte Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Zwangsverheiratungen“ gegründet werden. Denn Frauen, die sich einer Zwangsverheiratung entziehen wollen, muss schnell, kompetent und effektiv geholfen werden. Dies erfordert länderübergreifendes Handeln. Hierfür benötigen wir – endlich! – zwischen Bund, Ländern und NGOs vereinbarte Leitlinien.
Zu Verbesserung länderübergreifender Schutzmaßnahmen schlagen wir vor:
- Klare Zuständigkeitsregelungen für Jugend- und Sozialbehörden.
- Schnelle Bereitstellung einer sicheren Unterkunft
- Anonymisierung und Sperren von Daten der Opfer
- sicherer Zugang zu Schule, Ausbildung oder Beruf – und nicht zuletzt
- Finanzielle Sicherung von Fachberatungsstellen und Schutzeinrichtungen.
Im Bereich „Prävention“ soll drauf hingewirkt werden,
- dass an Schulen die Themen „Zwangsverheiratung“ und „häusliche Gewalt“ angemessen thematisiert und Anlaufstellen geschaffen werden, an die sich Schülerinnen und Schüler wenden können;
- dass Beratungsangebote für Eltern, Empowermentangebote für Mädchen und Hilfsangebote speziell für Jungen in der Fläche angeboten werden – und schließlich
- dass die sich aus dem diesbezüglichen Engagement vieler – auch und gerade muslimischer – Migrantenverbände ergebenden Chancen endlich auch genutzt werden.