Seit dem Jahr 2002 gilt in Deutschland das Prostitutionsgesetz (ProstG). Mit dem Gesetz wurde festgestellt, dass Prostitution in Deutschland nicht verboten und nicht sittenwidrig ist. Mit der Neufassung wollte der Gesetzgeber die rechtliche Situation von Prostituierten verbessern und zugleich den in diesem Bereich oftmals vorherrschenden kriminellen Begleiterscheinungen, die auch dem Bereich der organisierten Kriminalität zugerechnet werden müssen, die Grundlage entziehen.
Das Gesetz stellte einen Meilenstein dar. Honorare konnten seitdem eingeklagt und zahlungsunwillige Freier wegen Betruges angezeigt werden, das Weisungsrecht der ArbeitgeberInnen wurde im Gegensatz zu anderen Berufen deutlich eingeschränkt und der Zugang zu den Sozialversicherungen ermöglicht. Das Gesetz hat also zu mehr Rechtssicherheit geführt, auch wenn diese nicht von allen genutzt wird.
Die Tätigkeit in der Prostitution ist weiterhin gesellschaftlich stigmatisiert, daran ändern die wenigen Jahre seit Inkrafttreten des Gesetzes noch nichts. Aber das Gesetz trägt dazu bei, die Stellung der Prostituierten zu stärken. Damit werden die Frauen (und Männer) deutlich besser geschützt. Das Wissen um ihre Rechte hat das Selbstbewusstsein der Prostituierten erhöht. Auch die Zusammenarbeit zwischen Prostituierten und der Polizei hat sich verbessert. Dies sind deutliche und wichtige Verbesserungen.
Das größte Hindernis für eine unaufgeregte und sachbezogene Auseinandersetzung mit Prostitution ist ihre häufige, mitunter generelle Gleichsetzung mit (dem Straftatbestand) Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung. Viele Menschen können sich nicht vorstellen, dass es Menschen (Frauen, Männer, Transsexuelle) gibt, die selbstbestimmt und freiwillig in der Prostitution arbeiten.
Wir haben die Bedenken aufgenommen und die Bundesregierung befragt, ob die Liberalisierung der Prostitution durch das ProstG im Jahr 2002 zu einer Ausweitung des Phänomens des Menschenhandels von Frauen zum Zweck der sexuellen Ausbeutung geführt hat. Diese Vermutung konnte nicht bestätigt werden.
Gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution ist das Strafrecht und nicht das ProstG gefragt. Die grüne Bundestagsfraktion hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der deutlich macht, was zur Umsetzung der Europaratskonvention gegen Menschenhandel erforderlich wäre: Neuregelungen im Aufenthaltsgesetz, dem Asylbewerberleistungsgesetz, dem Zweiten und Dritten Sozialgesetzbuch, dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz, der Gewerbeordnung, der Beschäftigungsverordnung und in weiteren Bereichen.
Frauen, die Opfer von Menschenhandel wurden, wollen wir vor Abschiebungen besser schützen. Insbesondere während laufender Gerichtsverfahren. Ein Bleiberecht würde die Anzeige- und Aussagebereitschaft vieler Opfer deutlich erhöhen und so zur Ermittlung der Täter und Erhellung der Strukturen führen.
Illegalität ist ein ungeeignetes Mittel zur Herstellung von besseren Arbeitsbedingungen von Prostituierten. Wir Grünen setzen uns dafür ein, dass Prostitution unter rechtsstaatlichen und menschenwürdigen Bedingungen ausgeübt werden kann. Wir wollen die Rechte von Prostituierten stärken sowie Einstiegs-, Beratungs- und Ausstiegsangebote qualitativ und quantitativ ausbauen. Repressionen und Kriminalisierung von Prostituierten lehnen wir ab. Bordelle können, sollten und werden unter der jetzigen Rechtslage kontrolliert, wenn es den Verdacht auf Straftaten gibt.
Weitere Informationen:
Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage zu den „Auswirkungen des Prostitutionsgesetzes auf die Entwicklung beim Menschenhandel“ [lesen]
Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Situation von Opfern von Menschenhandel in Deutschland