Thüringer Allgemeine, 29.10.2008

Jeder Fünfte denkt rechts

Veranstaltungsbericht zum Podium über REX in Leinefelde am 27.09.08

Wie gehen wir mit Rechtsextremisten um? Auf diese Frage spitzte sich am Montagabend eine Diskussion im Jugendzentrum Leinefelde zu, an der unter anderem die Bundestagsabgeordnete Monika Lazar (Grüne) und der Amtsrichter Henning Horstmeier teilnahmen.

Offen sichtlich hat das Eichsfeld derzeit nicht das größte Problem mit Rechtsextremismus. Sowohl Streetworker Vitali Welitschkin als auch der Chef der Villa Lampe, Thomas Holzborn, bestätigen aber: Unter Jugendlichen gibt es offene ausländerfeindliche Tendenzen. Dass jeder fünfte Thüringer rechte Einstellungen vertritt, fügt Katja Fiebiger von der Mobilen Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus (Mobit) hinzu. Insofern ist man sich einig: Aufklären heißt die Devise."Anfangen könnte man damit bei Trainern und Übungsleitern in Vereinen", meint Karl Werkmeister. Der Vorsitzende des Vereins Breitensport International in Leinefelde ist der Ansicht, dass im Sport, wo man Jugendliche am ehesten erreicht, mehr getan werden müsste. Er selbst initiiert Projekte für Schulen und Kindergärten in Zusammenarbeit mit dem Verein.

Aufklärung heißt sein Motto. Deshalb regt er an, dass sich der Kreissportbund möglichst bald mit Mobit in Verbindung setzen und allen Trainern vermitteln sollte, wie man erkennt, ob ein Jugendlicher mit Rechten sympathisiert. "Erst wenn man das Problem sieht, kann man was dagegen tun", ermutigt Katja Fiebiger von Mobit ihn.

Zutage kamen bei der Debatte einige besorgniserregende Fälle, die im Eichsfeld nicht öffentlich wurden. So habe sich eine Worbiser Lehrerin von ihren Kollegen alleingelassen gefühlt, als sie merkte, dass in ihrer Klasse rechtsgesinnte Schüler waren. Und ein Junge aus Bischofferode sei zusammengeschlagen worden, weil er an einer Initiative teilnahm für mehr Toleranz.

Thema am Montag war auch der Umgang mit Extremen im Wahlkampf. Nicht ignorieren, meinten die meisten, aber auch nicht dämonisieren. Amtsrichter Horstmeier riet, rechtsgesinnte Personen nicht per se aus Vereinen auszuschließen. "So treiben wir sie erst recht in rechte Gruppen hinein." Bezogen auf die NPD, die wegen der gefallenen Fünf-Prozent-Hürde in den Kreistag einziehen könnte, äußerte sich Bernd Winkelmann: "Die Funktionäre sind meine geringste Sorge. Schlimmer ist, dass mehr Bürger latent anfällig für Ausländerfeindlichkeit sind." "60 Prozent sagen, Deutschland sei überfremdet", untermauerte Fiebiger dies. Auf Nachfrage meinten die meisten: Die Überfremdung gebe es allerdings nicht in ihrem Ort.

Von Thomas Müller
www.thueringer-allgemeine.de



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