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Veranstaltungsbericht, 16.09.2008
Armut in Deutschland – Diskussion der Ergebnisse des 3. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung

Am 16.9.2008 folgten zahlreiche interessierte LeipzigerInnen und VertreterInnen von verschiedenen Vereinen der Einladung von Monika Lazar, den aktuellen Armutsbericht der Bundesregierung und nachhaltige politische Lösungen zum Abbau von Armutsrisiken zu diskutieren.
 
Zunächst präsentierte der bündnisgrüne Bundestagsabgeordnete und Armutsforscher Wolfgang Strengmann-Kuhn das aktuelle Ausmaß von Armut in Deutschland. Er bezog sich dabei auf repräsentative Daten, die deutlich von den im Bericht verwendeten abweichen und das reale Ausmaß von Armut in Deutschland aufzeigen.
 
Danach ist die Armut, insbesondere von Familien und Erwerbstätigen, seit dem Jahr 2000 dramatisch gestiegen. Jedes vierte Kind ist heute von Armut betroffen und über vier Millionen Erwerbstätige leben unter der Armutsgrenze. Besonders hohe Armutsrisiken haben Arbeitslose und Alleinerziehende, wobei es bereits heute mehr erwerbstätige als arbeitslose Arme gibt. Weiter lässt sich ein Schrumpfen der Mittelschicht erkennen, wobei die Abwärtsmobilität der Einkommen stärker ausgeprägt ist als der Aufstieg in höhere Einkommensklassen.


 
Sehr kritisch sah Wolfgang Strengmann-Kuhn die geschönten, von der Bundesregierung verwendeten Daten, die die soziale Lage in Deutschland falsch darstellen. Ebenso kritisch sieht er die Schlussfolgerungen, die der Bundesarbeits- und Sozialminister Olaf Scholz daraus zieht: so sei seit dem letzten Armutsbericht die Armutsrisikoquote nicht gestiegen. Dies widerspricht jeglichen sozialen Expertisen.
 
Die lebhafte Diskussion im Anschluss zeigte, wie präsent Armut und die Angst davor in der Bevölkerung sind und wie stigmatisierend und absurd die aktuelle Praxis der Arbeitsförderung empfunden wird. So brachte ein Teilnehmer die Sinnlosigkeit auf den Punkt: „was nützt es ihm als 57-jährigem Langzeitarbeitslosen, der gerne arbeiten möchte, wenn er die dritte Weiterbildungsmaßnahme ‚Integration mit ganzheitlichem Ansatz’ angeboten bekommt, bei der er lernt wie gut und wichtig er sei. Dies bringe ihm auch keine Arbeit!“ Hinzu komme die Androhung von Sanktionen, wenn er sich solcher Angebote widersetzt.
 
Monika Lazar verwies darauf, dass alle Menschen das Recht hätten, sich bei den zuständigen LeiterInnen der Jobcenter über mögliches Fehlverhalten der SachberarbeiterInnen zu beschweren und die Petitionsausschüsse der Parlamente zu nutzen. Sie forderte die Betroffenen auf, diese Formen der Einmischung als ihr Recht wahrzunehmen.


 
Intensiv wurde ein von Wolfgang Strengmann-Kuhn vorgestelltes Grundeinkommen diskutiert, welches armutsfest ist und die existierenden Existenzängste bis hinein in die Mittelschicht abbauen würde. Insbesondere die Individualität der Leistung war für viele Betroffene ein wichtiger Punkt, die heute durch das – oft gering über der Grenze liegende – Partnereinkommen keine Transferleistungen erhalten. Diskutiert wurde auch die Umsetzbarkeit und Akzeptanz in Deutschland und Europa. Wolfgang Strengmann-Kuhn verwies dabei auf die Möglichkeit der schrittweisen Einführung. So könnte zunächst eine Kindergrundsicherung und Garantierente im Alter eingeführt werden, wobei die Renten- und Krankenversicherung in eine Bürgerversicherung umgewandelt aber erhalten blieben. Er betonte ausdrücklich, wie wichtig besonders zur Bekämpfung von Kinderarmut zusätzliche Sachleistungen wie kostenloser Zugang zu Bibliotheken, Sport-, Kultur-, Musikangeboten sowie Essen für Kinder sind.
 
Dies bestätigte Frau Fischer von der Selbsthilfegruppen Alleinerziehender (SHIA) e. V. Sie verwies darauf, dass Kinder in unserer Gesellschaft die absolute Priorität haben müssen. Wir können uns als Gesellschaft nicht leisten, dass Armut von Generation zu Generation weitergegeben wird. Das Thema Kinderarmut muss jetzt politisch auf der Agenda stehen.
 
Viele Anregungen dieser engagierte Debatte der Leipzigerinnen und Leipziger haben Monika Lazar und Wolfgang Strengmann-Kuhn mit nach Berlin genommen.

 

Download:
Armut in Deutschland –Diskussion der Ergebnisse des 3. Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung
16.9.2008, Vortrag von Wolfgang Strengmann-Kuhn

 
     
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Downloads

Flyer "Grundeinkommen"

Beschluss der 28. Landesversammlung am 26. - 27. Oktober 2007 in Leipzig zum Thema Sozialstaat

Sozialbericht 2006
Lebenslagen in Sachsen

Broschüre "Pro und Contra Grundeinkommen" des Bildungswerks Berlins


 

Links zum Thema

Grünes Netzwerk Grundeinkommen