10.08.2005
CDU: Wahlkampf auf dem Rücken von SED-Opfern
Anlässlich der Forderung des sächsischen
CDU-Landtagsabgeordneten Frank Kupfer, eine Pension für SED-Opfer
einzuführen, erklären die bündnisgrünen Bundestagsabgeordneten
und sächsischen Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl,
Peter Hettlich und Monika Lazar:
Solange die CDU in Berlin an der Macht war, hat sie
für die ehemaligen Verfolgten des SED-Regimes nur das Allernötigste
getan. Kaum ist sie in der Opposition, legt sie das Konzept für
eine Opferpension auf den Tisch. Schon allein diese Tatsache zeigt,
dass es der CDU nicht um die berechtigte Wiedergutmachung von SED-Unrecht
geht, sondern um reine Täuschung. Es ist moralisch nicht zu
rechtfertigen, auf dem Rücken von Menschen, die teilweise Unmenschliches
erdulden mussten, eine derart fadenscheinige Politik zu machen.
Hinzu kommt, dass die CDU bislang mit keinem Wort erwähnt hat,
wie sie angesichts des hoch verschuldeten Bundeshaushalts eine solche
Maßnahme finanzieren will – jährlich wären
ca. 770 Mio. € notwendig.
Herr Kupfer will die Ungleichbehandlung im Rentenrecht
zwischen früheren DDR-nahen Kadern und SED-Opfern korrigieren,
die aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 7. Juli 2004
resultieren. Dieses Urteil hat verständlicherweise Verbitterung
bei den ehemaligen Verfolgten hervorgerufen. Allerdings hat der
frühere CDU-Minister Norbert Blüm die offensichtlichen
Gesetzesmängel zu verantworten, die den Klägern einen
Erfolg ermöglichten. Das Urteil ist verbindlich und muss umgesetzt
werden. Uns vorzuwerfen, die alten Systemträger zu privilegieren,
ist falsch. Wir waren in der Verlegenheit, ein verfassungswidriges
Gesetz der alten Regierung korrigieren zu müssen. Dass Herr
Kupfer uns nun dafür angreift, ist absurd.
Seit 1990 haben Bündnis 90/Die Grünen stets
auf Seiten der Opfer des SED-Regimes gestanden und das erlittene
Unrecht immer wieder thematisiert. Es ist verständlich und
nahe liegend, dass Betroffene und ihre Verbände finanzielle
Besserstellungen verlangen. Dazu haben wir uns in den Koalitionsanträgen
von 1998 und 2002 bekannt. Angesichts der Haushaltssituation sind
wir froh, dass wir folgende Maßnahmen durchsetzen konnten:
Für politisch Verfolgte in der ehemaligen
DDR wurde das Strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz geändert.
Zum 01.01.2000 erfolgte eine Erhöhung der Haftentschädigung
auf 600,00 DM pro Monat. Damit haben wir die finanzielle Gleichstellung
der politischen Häftlinge im Osten mit denjenigen in Westdeutschland
zu unrecht verurteilten Strafgefangenen erreicht.
Gleichzeitig haben wir mehrfach die Antragsfristen für Rehabilitierungsbescheinigungen
verlängert und die finanziellen Mittel der Stiftung für
ehemalige politische Häftlinge um 300.000 DM auf 1,5 Mio. DM
aufgestockt.
Ende 2003 ist es uns nach schwierigen Verhandlungen
gelungen, in einem parteiübergreifenden Antrag Verbesserungen
im Bereich der Rehabilitierungsgesetze für die Opfer des SED-Unrechts
zu erreichen. Der gemeinsame Antrag, der auf eine rot-grüne
Initiative zurückgeht, verlängert die Antragsfristen im
Strafrechtlichen, Verwaltungsrechtlichen und Beruflichen Rehabilitierungsgesetz
bis zum 31.12.2007. Die Ausgleichsleistungen für die beruflich
Verfolgten, die in ihrer wirtschaftlichen Lage beeinträchtigt
sind, wurden im Beruflichen Rehabilitierungsgesetz angehoben von
bisher 153,00 € auf 184,00 € pro Monat. Bezieht der Betroffene
eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, steigen die
Ausgleichsleistungen von bislang 102,00 € auf 123,00 €
pro Monat.
Im Frühjahr 2005 haben wir durchgesetzt,
dass die Angehörigen von Todesopfern des Volksaufstandes von
17. Juni 1953 ebenso Anspruch auf Unterstützungsleistungen
der Stiftung für ehemalige politische Häftlinge erhalten
wie die Angehörigen von Maueropfern.
Gemessen an den erlittenen Nachteilen und dem
persönlichen Leid sind die Ausgleichsleistungen jedoch gering.
Aus unserer Sicht ist es deshalb notwendig, den individuellen Status
und das öffentliche Ansehen politisch Verfolgter aus der ehemaligen
DDR weiter zu stärken. Deshalb werden wir auch künftig
dafür sorgen, dass Menschen, die für Demokratie gekämpft
haben, nicht vergessen werden. Noch vorhandene Nachteile wollen
wir weiter abbauen, um die Situation der Betroffenen zu verbessern.
So setzen wir uns z. B. für die Beweislastumkehr bei Haftfolgeschäden
ein. In jedem Fall werden wir keine Versprechen abgeben, die wir
nach der Bundestagswahl nicht halten können.
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