15.02.2007
Bundesregierung ignoriert Willen des Parlaments und baut auf
ereignisorientierten Aktionismus gegen Rechtsextremismus
Zu den Plänen der Bundesregierung zur Ausgestaltung des neuen Bundesprogramms „Förderung von Beratungsnetzwerken“ in Höhe von jährlich fünf Millionen Euro erklärt Monika Lazar, Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus:
Mit Tricks mogelt sich die Bundesregierung um den Willen des Parlaments herum, das mit dem neuen Fünf-Millionen-Programm bewährte Beratungsstrukturen gegen Rechtsextremismus erhalten wollte.
Eigenmächtig entschied die Bundesregierung, wofür das Geld ausgegeben werden soll – und wofür nicht. Dabei wurden die Bundesländer stärker und viel früher einbezogen als die Parlamentarier. Plötzlich liegt ein fertiges Konzept auf dem Tisch, das eines auf jeden Fall deutlich zeigt: Die Bundesregierung versucht mit allen Mitteln, den Beratungsnetzwerken eine reguläre Existenzsicherung vorzuenthalten. Statt eines langfristigen, soliden Ansatzes wird ein Plan aus dem Hut gezaubert, der den erklärten politischen Willen ebenso ignoriert wie die vernetzten, langfristig angelegten rechtsextremistischen Strukturen.
Kurzsichtig und gefährlich ist das Vorhaben, nur noch anlassbezogene, auf zwei bis drei Monate zeitlich befristete Krisenintervention zu fördern. Zu viele Fragen bleiben offen. Sollen sich zum Beispiel Opferberatungsstellen ständig auflösen und schnell wieder neu gründen, sobald es zu einem rechtsextremen Gewaltakt gekommen ist? Wer kümmert sich um die Nachbetreuung von traumatisierten Opfern; wer berät dauerhaft, um nachhaltig präventive Wirkung zu entfalten? Muss jedes Mal erst Schreckliches passieren, bevor der Bund bereit ist, Geld auszugeben?
Wir fordern die Bundesregierung auf, die Befristungsgrenze aufzuheben und so nicht nur Krisenintervention, sondern auch Prävention zu ermöglichen. Dazu ist Planungssicherheit für erfahrene mobile Beratungsteams und Opferberatungsstellen zu schaffen. Mit dieser Aufgabe soll innerhalb des Programms eine kompetente Stiftung oder ähnliche Institution beauftragt werden, die in enger Zusammenarbeit mit den Bundesländern fachlich fundierte Förderentscheidungen treffen kann.
Wir fordern die Bundesregierung auf, das Parlament, aber auch die Erkenntnisse aus den Evaluierungen, ernst zu nehmen und sich mit vorliegenden konkreten Vorschlägen zur Sicherung der Beratungsstrukturen konstruktiv auseinanderzusetzen anstatt sie ungeprüft zurückzuweisen.
Wir fordern die große Koalition auf, ihr JA zum Erhalt der Strukturprojekte, das im Beschluss des Fünf-Millionen-Programms zum Ausdruck kam, zu erneuern und den Eigenmächtigkeiten der Regierung einen Riegel vorzuschieben, bevor die bewährten Strukturen gegen Rechtsextremismus zerbrochen sind.
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