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Frankfurter Rundschau, 06.03.2009
Vielen Dank auch für die Blumen
Im Osten wurde der Internationale Frauentag mindestens genauso zelebriert wie der Muttertag im Westen. Am 8. März standen die Frauen im Mittelpunkt - im Betrieb und in der Familie. Nach dem Fall der Mauer verlor sich der Brauch. Ganz verschwunden ist er aber nicht. Fünf Frauen erzählen
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MONIKA LAZAR, POLITIKERIN
Bei der Patenbrigade zu Gast Ich erinnere mich, dass wir als Schülerinnen und Schüler zum Frauentag hin und wieder bei unserer Patenbrigade zu Besuch waren. Dann haben wir zum Beispiel etwas für die Frauen gesungen. Jede Schulklasse hatte eine Patenbrigade, das heißt, man pflegte engen Kontakt zu einem Betrieb, lud sich gegenseitig ein, wurde dort herumgeführt oder erhielt kleine Geschenke, um möglichst früh Kontakt zur werktätigen Bevölkerung zu haben. In den Familien wurden den Frauen am 8. März Präsente gereicht, oder die Männer haben Kaffee gekocht - so nach dem Motto: Heute könnt ihr mal sitzen bleiben und wir kümmern uns um euch.
Meine Eltern hatten eine Bäckerei, meine Mutter und die weiblichen Angestellten haben von meinem Vater auch etwas bekommen. Nach 1990 spielte der 8. März nicht mehr so eine große Rolle. Insbesondere wenn man mit Menschen aus Westdeutschland Kontakt hatte, für die das nicht so relevant war. Ich fand es eher unangenehm, dass dann dieser Muttertagsaktionismus über Ostdeutschland schwappte. Zu DDR-Zeiten wusste ich gar nicht, dass es so was gibt. Auf einmal mussten alle ihren Müttern huldigen. Ich finde diesen Muttermythos übertrieben. Wenn ich heute meine Mutter am Muttertag zufällig sehe, bekommt sie zwar auch eine Kleinigkeit von mir. Aber nur, weil ich weiß, dass sie sich freut, nicht weil mir dieser Tag wichtig ist. Ich gratuliere ihr aber genauso noch zum Frauentag. Wenn ich in Berlin im Büro bin, schenke ich meinen Mitarbeiterinnen zum Frauentag immer eine Kleinigkeit, einen Frühlingsblüher zum Beispiel.
Der8. März hat für mich persönlich nachl990 eher wieder an politischer Relevanz gewonnen. Wir Grüne nutzen den Tag, um politische Forderungen zu stellen. In der DDR hieß es immer, der Tag hätte auch eine politische Bedeutung, aber die Frauenfrage spielte im öffentlichen Leben eher eine geringe Rolle. Es hieß zwar, dass die Frauen gleichberechtigt sind, weil alle arbeiteten. Aber man wusste, dass es damit im Alltag nicht so weit her war. Deshalb ist es mir heute wichtiger als ein Geschenk, dass der Frauentag wieder stärker wahrgenommen wird mit den Forderungen nach Gleichstellung und Gleichberechtigung.
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