Thüringische Landeszeitung, 06.09.08

Nicht die Augen verschließen
 
Podiumsdiskussion zu Rechtsextremismus Land weist Vorwürfe zurück
 
Arenshausen. (tlz/ct) Nicht wegschauen, Flagge zeigen: In Arenshausen haben Politiker, Verwaltung, Schule und Kirche über Rechtsextremismus diskutiert. Dabei wurde der Blick immer wieder auf Fretterode gelenkt. Dort war erst in dieser Woche die Wohnung eines NPD-Bundesvorstands durchsucht worden. Der Leiter der Verwaltungsgemeinschaft Hanstein-Rusteberg, Wilfried Glorius, stellte sich hinter die Gemeindeverwaltung: Sie habe den Hauskauf des NPD-Funktionärs nicht verhindern können. Grünen-Kreisvorstand Michael Hoffmeier bezweifelt das.
 
Das Archiv der Jugendkulturen aus Berlin war vor der Podiumsdiskussion zu Gast in Arenshausen an der Regelschule. 60 Schüler nahmen an einem Workshop teil, der Jugendlichen Möglichkeiten der sinnvollen Freizeitgestaltung aufgezeigte.
 
Die Bundestagsfraktion hatte zu diesem Tag eingeladen. Das Thüringer Kultusministerium betonte am TLZ-Telefon eiligst, dass es sich bei dem Projekttag an der Schule nicht um eine Parteiveranstaltung handele. Auch das Sozialministerium meldete sich gestern Vormittag beim Tageblatt, um die Darstellung der Bundestags-Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt im Interview vom Freitag zurückzuweisen. Göring-Eckhardt warf der Landesregierung vor, sie habe kein Landesprogramm gegen Rechts. Das stimmt so nicht, sagte der Leiter der Landesstelle Gewaltprävention, Christoph Bender. Er verwies auf verschiedene Projekte, zum Beispiel das Programm Demokratie und Toleranz Demokratie lebt durch Demokraten. Auch habe das Land seine Finanzmittel zur Bekämpfung des politischen Extremismus für 2008 und 2009 um eine viertel Million Euro aufgestockt. Zusätzlich erhalte Thüringen Gelder aus dem Bundesprogramm Kompetent für Demokratie Beratungsnetzwerke gegen Rechtsextremismus. Der Bund stelle 2008 bis zu 400000, 2009 bis zu 300000 Euro bereit.
 
Göring-Eckardt erneuerte gestern ihre Kritik. In Sachsen sei nach dem Einzug der NPD in den Landtag ein Landesprogramm aufgelegt worden.
 
Klaus Döllmann als Schulleiter der Regelschule Arenshausen sieht an seiner Einrichtung kein vordergründiges Problem mit Rechtsextremismus. Die Geschichte Deutschlands werde ausführlich beleuchtet, und die Schüler würden beispielsweise das KZ Buchenwald besuchen. Hoffmeier warnte vor einem Erstarken der rechten Szene im Landkreis. Wir müssen aufpassen, dass Jugendliche nicht weiter in die Hand Rechter geraten. Pfarrerin Katharina Lüpke riet, auf die leisen Töne zu hören. Die rechte Tendenz sei ausgeprägter als angenommen, zum Beispiel wenn in den Haushalten Parolen die Runde machen, dass Ausländer Jobs wegnehmen würden. Wenn wir die Strukturen erkennen, haben wir das wichtigste schon geschafft, erklärte Monika Lazar (Grüne), Sprecherin für Strategien gegen Rechts. Sie warnte davor, die Augen zu verschließen. Glorius sagte, die Politik und Verantwortlichen in der Verwaltung müssten mit als Vorbild vorangehen. Ein Arenshäuser sagte in der gut besuchten Runde, er vermisse die Beteiligung der Einwohner bei der Diskussionsrunde.

Viele Schüler hatten sich in den Workshops am Vormittag für bessere Freizeitangebote ausgesprochen z.B. dass die Turnhalle für Sport offen steht.

 

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